Früher erfolgreich im Job – heute erfolgreich selbständig

aktualisiert am 20. Oktober 2023 25 Minuten zu lesen
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Wenn ältere Angestelle ihren Arbeitsplatz verlieren, bricht für sie oft eine Welt zusammen. Doch ihre Berufserfahrung, das angesparte Kapital und ihre Netzwerke bieten ihnen Chancen, die sich jüngere Gründer erst erarbeiten müssen.

 

1. Jahrelang erfolgreich im Job – nun arbeitslos?

1.1 Arbeitsplatz – Verlust oder neue Chance?

Kennen Sie das? Jahrelang hat man sich für die Firma abgerackert? – und dann… Kündigung, Entlassung!

Ob es abzusehen war oder nicht – mit der Kündigung in der Tasche und dem Entlassungstermin vor Augen stellt sich die Frage: Was soll nun werden?

Viele bekommen in dieser Situation richtig Angst, und das aus verschiedenen Gründen:

  • Weil die Sicherheit eines regelmäßigen Einkommens wegfallen könnte
  • Weil erst einmal kein gleichwertiger Job zu finden ist
  • Weil das bisherige Lebensniveau und die finanzielle Sicherheit im Alter gefährdet erscheint

Auch mir ging es so, als ich 1990 von heute auf morgen nach 21 Berufsjahren meinen Arbeitsplatz verlor – mit dem Trost einer „Mini-Turbo-Abfindung“ von 7.000 DM, die mit jedem weiteren Monat um ein Sechstel gekürzt würde, falls ich nicht vor Ablauf eines halben Jahres selbst kündige.

Wer in eine solche Lage gerät, fragt sich fast immer: Liegt es an mir, dass ich entlassen werde? Was habe ich falsch gemacht? Doch ein Blick über den Gartenzaun lässt erkennen, dass ein Arbeitsplatzverlust keinesfalls so selten ist und sich vielfach auch kaum vermeiden lässt. Vielmehr gehört der Wechsel des Arbeitsplatzes zum Leben in der Gesellschaft:

“In Deutschland verlieren jeden Tag fast 20.000 Menschen ihre Arbeit und mehr als 20.000 finden einen neuen Arbeitsplatz. Jeden Tag. Das ist die normale Dynamik am Arbeitsmarkt.” (Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, ZEIT, 11.06.2012)

Tipp: Wer seinen Arbeitsplatz verliert, verliert damit nicht zwangsläufig Arbeit. „Freisetzung“ vom Arbeitsplatz kann auch Anlass und Antrieb sein, eigenständig Energien und Initiativen für eine neue Art von Arbeit freizusetzen.

1.2 Gründung nach dem Job – eine neue Chance!

Als ich damals – wie viele andere auch – meinen Arbeitsplatz verlor, war klar, eine neue Anstellung zu finden ist gerade in Krisenzeiten besonders schwer. Und wer sich jahrelang an die Vorzüge eines Angestelltendaseins gewöhnt hat, ist nicht gleich für eine Selbstständigkeit aufgeschlossen. Doch gerade unter Älteren nimmt die Aufgeschlossenheit für eine Existenzgründung zu. Im DIHK-Gründerreport 2013 wird dies anhand der IHK-Gründungsberatungen von Gründern über 50 Lebensjahre belegt. Ihr Anteil wuchs von zwölf Prozent im Jahr 2003 über fünfzehn Prozent im Jahr 2008 auf zwanzig Prozent im Jahr 2012. [Siehe: Weniger Gründer – aber besser vorbereitet. DIHK-Gründerreport 2013, Berlin 2013 S. 22]

Statistik Verteilung der Gründer nach Lebensalter
Quelle: KfW-Gründungsmonitor 2013, Tabellen- und Methodenband, S. 8

Warum nimmt gerade der Anteil der älteren Gründer zu? Ist dies Ausdruck einer Verzweiflung, dass sie weniger Chancen auf einen Job haben als jüngere? Ebenfalls im DIHK-Gründerreport 2013 werden die Gründungsmotive „Lust“ oder „Frust“ zur Unternehmensgründung seit 2003 miteinander verglichen:

„Erstmals bilden vornehmlich unternehmerisch motivierte Gründungsinteressierte keine Minderheit. 50 Prozent der Teilnehmer an IHK-Gründungsberatungen wollen in erster Linie eine unternehmerische Idee umsetzen.“ (Ebd. S. 14)

1.3 Was reizt Ältere an einer Existenzgründung?

In meiner Praxis als Gründungsberater, der seit 2000 auch in der KfW-Beraterbörse für Gründercoaching gelistet ist, werden meist zwei Hauptmotive von Gründern genannt. Eines der Hauptmotive für eine Existenzgründung nach dem Job ist der Wunsch, sein „eigener Herr“ zu sein. Es mag dahingestellt bleiben, ob jeder einzelne auch diesen Schritt getan hätte, wenn er im Job geblieben wäre. Doch wenn nun schon einmal die Weichen neu zu stellen sind, dann wird auch immer öfter die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und eine selbstständige Tätigkeit begründet.

Hierzu drei Beispiele:

Jens Niemann war bei einem großen deutschen Unternehmen IT-Spezialist, bevor er 2007 mit seiner Entlassung konfrontiert wurde. Schon zwangsläufig ist eine Angestelltentätigkeit in großen Unternehmen häufig mit zahlreichen Regeln und Begrenzungen für die einzelnen Beschäftigten verbunden. Seit einigen Jahren arbeitet Jens Niemann nun als selbstständiger Berater für Internationale Entwicklung und Zusammenarbeit (Schwerpunkte Bildung, Technologie, Investment) vor allem im arabischen Raum, derzeit in Riad. Auf die Frage, was ihn nach dem Job bewogen hat sich selbstständig zu machen, lautet seine Antwort:

„Ich stellte mir eine abwechslungsreiche und selbstmotivierte Arbeit vor.“ Genau dieses Ziel hat er inzwischen erreicht. Ähnlich sieht das Thomas Thiede. Auch er war nach dem Studium eine Reihe von Jahren angestellt. Seit Juli 2013 ist er selbstständig als Steuerberater in Hamburg tätig: „Ich hatte zwischenzeitlich schon Erfahrungen als Selbstständiger gesammelt und bin zudem ein Anhänger der Institution des Freien Berufes, die sich in Deutschland außerordentlich erfolgreich etabliert hat. Mit meiner beruflichen Erfahrung bin ich inzwischen von Arbeitgebern unabhängig.“ Eng verbunden mit dem Wunsch sein eigener Herr zu sein, ist oft ein weiteres Hauptmotiv: eine erfolgversprechende Geschäftsidee umzusetzen, wie das in einem Angestelltenverhältnis nie möglich wäre.

Hans-Peter Grunert war Verkäufer im Außendienst. Als er 2006 am Scheideweg stand und sich für die Selbstständigkeit als Handelsvertreter für Zerspanungs-Werkzeugmaschinen in Schönebeck (Elbe) entschied, sah er seine erfolgversprechende Geschäftsidee darin: „Ich liefere nicht nur Maschinen, sondern durch die guten Kontakte zu den Lieferanten und den daraus resultierenden optimalen Lösungen, biete ich meinen Kunden einen deutlichen Mehrwert, der sich im Durchschnitt mit 30-100 % Umsatzsteigerung für den Kunden niederschlägt.“ Nicht zuletzt will und muss jeder Existenzgründer auch von seinem Gewinn leben. Zumindest in offiziellen Befragungen hat allerdings das Ziel, ein höheres Einkommen zu erzielen, für Gründer in Deutschland keinen besonders hohen Stellenwert.

Hans-Peter Grunert formuliert dagegen ganz klar ein weiteres Motiv: Ein Grund für seine Selbstständigkeit war auch, damit genügend Geld zu verdienen, um finanziell frei zu werden. Im KfW-Gründungsmonitor 2013 findet sich auch die Bestätigung, dass Selbstständige gute Chancen haben, ein höheres Nettoeinkommen als Arbeitnehmer zu erzielen. Während unter den Arbeitnehmern nur 28 Prozent ein höheres Haushaltsnettoeinkommen als 3.500 Euro erreichen, sind es unter den Selbstständigen 38 Prozent. Eine Forschungsgruppe des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung war 2012 zu dem Ergebnis gelangt, dass es hinsichtlich des Einkommens „kaum signifikante Unterschiede zwischen Solo-Selbstständigen und Entrepreneurs“ gäbe.

Tipp: Gründer wollen selbstbestimmt arbeiten und können sich dafür auch vielfach ausreichend Spielräume verschaffen. Dafür bietet eine selbstständige Tätigkeit oft weitaus günstigere Möglichkeiten als ein Angestelltenverhältnis.

2. Existenzgründung – Vorteile für ältere Gründer

Im Vergleich zu jüngeren, können ältere Gründer überwiegend auf drei ganz entscheidende Vorteile für eine erfolgreiche selbstständige, gewerbliche oder berufliche Tätigkeit verweisen:

  1. mehr Branchen-, Berufs- und Lebenserfahrung
  2. mehr Planungs- und Führungserfahrung
  3. mehr Kontakte und Netzwerkerfahrung

2.1 Vorteil Branchen- und Berufserfahrung

Hans-Peter Grunert hat nach seiner abgeschlossenen Ausbildung als Zerspaner viele Jahre als Verkäufer im Außendienst für Zerspanungs-Werkzeugmaschinen gearbeitet. Neben seinen Fachkenntnissen erwarb er die Kommunikationsfähigkeit, um Kunden in allen Phasen des Verkaufsprozesses von der Aufmerksamkeitsphase bis zur Abschlussphase für beide Seiten erfolgreich zu begleiten. Nicht zuletzt eignete er sich die kaufmännische Kompetenz an, die für Angebote mit Aufwand-Nutzen-Kalkulation unerlässlich ist.

Hans-Peter Grunert sieht in seiner Branchen- und Berufserfahrung den Vorteil: „Unsere Kunden profitieren von unserer eigenen 33-jährigen Erfahrung genau auf dem Sektor Zerspanung und 28-jähriger Tätigkeit im Maschinen- und Anlagenbau. Seit 22 Jahren betreuen wir unsere Kunden persönlich vor Ort. Das bedeutet für unsere Kunden, dass sie es rundum mit einer Mannschaft aus Experten zu tun haben, die sie bei der Lösung Ihrer Zerspanungsprobleme nicht nur von A bis Z begleitet, sondern bei der sie alles aus einer Hand bekommen.

Der Mehrwert, den wir gemeinsam mit unseren Kunden generieren, drückt sich beispielsweise bei einem CNC Bohrwerk mit kundenspezifisch angepasster Fertigungstechnologie in Form von 400% Kapazitätsgewinn/ Umsatzsteigerung aus… Zusätzlich bedeutet das für den Kunden eine Senkung seiner Investitionskosten.“

2.2 Vorteil Planungs- und Führungserfahrung

Jens Niemann hat in seiner vielfältigen Projekttätigkeit in einem Großunternehmen gelernt, nachhaltig wirtschaftlich zu planen sowie interne und externe Partner zum erfolgreichen Projektabschluss zu führen. Das ist für Angestellte, besonders wenn sie es gewohnt sind mit Budgets und auf Weisung zu arbeiten, nicht immer selbstverständlich. Denn Budgets „sind einfach da“ oder werden angefordert.

Wer selbstständig ist, muss oft ganz anders mit Risiken kalkulieren. Und gute „Teamplayer“ sind nicht immer auch gute Teamführer. Hinzu kommt gerade bei Einzelunternehmern und sogenannten Soloselbstständigen – also selbstständig Tätigen ohne Mitarbeiter – die Notwendigkeit, Geschäft und private Lebensführung finanziell zu trennen. Jens Niemann empfiehlt aufgrund seiner Planungs- und Führungserfahrung Existenzgründern:

„Sparsam sein und Investitionen ausschließlich nach ihrem wirtschaftlichen Nutzen tätigen. Fragen Sie sich: Was brauche ich wirklich? Was ist notwendig für mein Unternehmen? Was bringt mich weiter? Erliegen Sie nicht der Versuchung, Geschäftsinteressen mit Privatinteressen zu verbinden. Das soll nicht heißen, dass Sie ganz darauf verzichten müssen. Eine funktionierende Telekommunikation ist essentiell und wenn Sie die Flatrate auch privat nutzen können, umso besser…

Ein neuer BMW ist es sicher nicht – wenn Sie beim Kunden vorfahren reicht es völlig, wenn Ihr Fahrzeug verkehrstüchtig und gut gepflegt ist. Wahrscheinlich sieht er Ihr Auto sowieso nicht… Glauben Sie aber auch nicht jedem Kunden oder Lieferanten. Seien Sie nicht böse, wenn man Sie belügt oder hintergeht. In manchen Branchen und Ländern ist das ein beliebter Sport. Wenn der Schiedsrichter nicht hinsieht, müssen Sie ein Foul abkönnen (dafür haben Sie ja Reserven).“

Tipp: Ganz sicher gibt es in verschiedenen Branchen und Regionen auch unterschiedliche Werte, Normen und Erwartungshaltungen. Doch übergreifend ist gerade für die Gründungsphase die Erfahrung zu unterstreichen, wie wichtig es für die Investitionsplanung ist, den unternehmerischen Nutzen zu kalkulieren und mit „Störfaktoren“ souverän umgehen zu können.

2.3 Vorteil Kontakte und Netzwerkerfahrung

Thomas Thiede verfügt über langjährige Erfahrungen in der Beratungstätigkeit. Wer beratend tätig ist, muss sich auf unterschiedliche Partner einstellen können und in der Lage sein, die Wünsche und Ziele der Partner schnell und klar zu erfassen. Ebenso gehört jedoch auch die Fähigkeit dazu, konsequent seine Ziele zu verfolgen und zugleich flexibel und diplomatisch handeln zu können.

Thomas Thiede führt seine größten beruflichen Erfolge im Angestelltenverhältnis und in der nun selbstständigen Tätigkeit als Steuerberater nicht zuletzt auf den Wert von Kontakten und Netzwerkerfahrung zurück.

„Jede Form von beruflichem Erfolg erfordert den Glauben an eine gute Zukunft und ein gewisses Beharrungsvermögen. Als Angestellter war ich vor allen Dingen deshalb erfolgreich, weil ich eine schnelle Auffassungsgabe hatte, vom Fachwissen her nicht angreifbar und für das Unternehmen wichtig war, wenn auch nicht unersetzlich. Hinzu kam die zumindest zeitweise Bereitschaft, in hierarchischen Strukturen zu arbeiten und sich dort diplomatisch zu verhalten, was vielen potentiell unternehmerisch denkenden Persönlichkeiten schwer fällt. Es ist aber letztlich auch für die selbstständige Tätigkeit äußerst vorteilhaft, diplomatisches Verhalten trainiert zu haben. Personalverantwortung habe ich bereitwillig übernommen und damit Führungswillen demonstriert, was mir ebenfalls als Selbstständiger sehr zugute kommt.“

Wer will, kann in zig „Lehr“-Büchern nachlesen, in zig Seminaren hören, wovon ein Erfolg als Selbstständiger oder Unternehmer abhängt. Doch es bringt wenig und sichert schon gar nicht den Erfolg, all diese guten und vielfach ja auch belegbaren Erfolgsfaktoren für die eigene Tätigkeit zu kopieren.

„Getretener Quark wird breit – nicht stark“ (Sprichwort)

Viel wichtiger ist, seine eigenen Stärken zu erkennen und optimal für die eigene unternehmerische Tätigkeit zu nutzen.

Tipp: Nur selten ergibt eine Selbsteinschätzung ausreichend Klarheit über die eigenen Stärken und die Potentiale, diese umzusetzen. Auch die besten Sportler, Künstler, Führungskräfte und Unternehmer wissen das und scheuen sich nicht, einen erfahrenen Coach an ihrer Seite zu haben.

3. Wie lassen sich die Chancen des Unternehmertums am besten nutzen, ohne die Sicherheiten aus der Zeit des Angestellten-Lebens zu gefährden?

Unbestritten gehört zum Schritt in die Selbstständigkeit Risikobereitschaft. Vor allem in der Startphase tauchen bei Gründungswilligen oft Unsicherheiten zur Absicherung gegen Krankheit, erneuter Arbeitslosigkeit und Altersvorsorge auf. Noch unklarer sind für die meisten die möglichen psychischen Belastungen wie unkalkulierbare Beschäftigungsstabilität, Zeitdruck, Leistungsdruck oder Vermischung von Arbeits- und Privatbereich.

Aus dem Angestelltenleben sind dagegen arbeits-, sozial- und tarifrechtliche Regelungen bekannt und genutzt worden, mit denen das Gefühl größerer sozialer Sicherheit verbunden war. Welche Möglichkeiten nutzen Gründer, die erfolgreich im Job waren, um die Chancen des Unternehmertums zu nutzen, ohne die „Sicherheiten“ aus der Zeit des Angestellten-Lebens zu gefährden?

3.1 Mehr Sicherheit durch Coaching und Sparen

Hans-Peter Grunert empfiehlt Existenzgründern dafür folgendes Vorgehen: „Ich würde Existenzgründern immer den Schritt in die Selbstständigkeit und vor allem die Begleitung durch einen erfahrenen Coach auf diesem Gebiet empfehlen (…) damit es mit Turbo (den richtigen EPAs = Einkommen produzierenden Aktivitäten) vorangeht und der Existenzgründer noch schneller zum Erfolg kommt.

Neben einem soliden Businessplan für das gegründete Unternehmen, den Sie mit Ihrem Coach gemeinsam erstellen, umsetzen und in dem Sie sich eindeutig am Markt positionieren, halte ich es für unabdingbar, einen Finanzplan zu erstellen, in dem Sie festlegen, was mit dem verdienten Geld passieren soll.

Dazu sind schon bei der Gründung einige Dinge zu regeln. Das wichtigste Kriterium ist die strikte Trennung in Geschäfts- und Privatkonto, das nächste ist die Zahlung eines festen Gehaltes an sich selbst. – Das bedeutet: Sie als Chef zahlen von Ihrem Geschäftskonto sich selbst (als “Mitarbeiter”) einen festen monatlichen Betrag auf Ihr Privatkonto. Und davon sparen Sie mindestens 10 % (besser 20 – 50 %) und investieren es, d.h. legen es an bis Sie Ihre finanzielle Freiheit erreicht haben.“

Für Hans-Peter Grunert gehört ein erfahrener Coach zu einem erfolgreichen Start in die Selbstständigkeit. Zudem ist es ihm von Anfang an wichtig, neben dem gewinnbringenden eigenen Geschäft mit einem festen Betrag finanzielle Rücklagen zu bilden.

Tipp: In welcher Höhe und in welcher Form finanzielle Rücklagen angemessen und zweckmäßig sind, hängt von vielen Bedingungen ab. Eine strategische Vermögensplanung und eine regelmäßige Privatbilanz, neben der betrieblichen Bilanz und mit Unterstützung eines Finanzcoaches, können vor vielen teuren Fehlern und unnötigem Lehrgeld bewahren.

3.2 Mehr Sicherheit durch Liquidität und variable Preise

Es gibt jedoch nicht nur „ferne“ Risiken, sondern täglich auch unmittelbare. Deshalb hält Jens Niemann für Gründer folgenden Praxistipp bereit:

„Wichtiger aber noch wäre die Frage: Was passiert, wenn Sie ein Jahr keinen vernünftigen Auftrag bekommen oder gar, wenn Ihr Kunde ein Jahr nicht bezahlt? Dann benötigen Sie Reserven. Unterschätzen Sie niemals die Notwendigkeit von Liquidität, auch wenn Sie sich vielleicht ärgern, dass das Geld für weniger als einem Prozent auf dem Tagesgeldkonto ‚herumgammelt‘. Dieses Geld ist Ihre Versicherung, vor allem: Es ist eine Versicherung, die garantiert zahlt und sich nicht im Schadensfall drückt.

Planen Sie ein starkes Wachstum für Ihre Unternehmung ein. Kalkulieren Sie auch ein, dass Sie sich zu Anfang ‚unter Wert‘ verkaufen müssen. Das macht nichts. Sie machen sich mit guter Arbeit einen Namen und den Ruf ‚faire Preise‘ zu verlangen.

Jedes Unternehmen versucht heute, die gleiche Leistung zu unterschiedlichen Preisen auf dem Markt zu verkaufen. Festpreise sind zwar leichter zu rechnen – erfolgreicher sind Sie aber mit variablen Preisen. Lassen Sie sich nicht auf Werkverträge ein, es sei denn Sie sind sicher, damit das Dreifache zu verdienen. Stecken Sie sich hohe Ziele, z. B. Umsatzwachstum 10 %, Gewinnwachstum 20 % p.a. Wenn Sie nicht in 5 Jahren Ihr Einkommen verdoppeln, stimmt etwas mit Ihrem Geschäftsmodell nicht. Warum das so ist, ist schwer zu erklären, aber wenn Sie an etwas glauben wollen, dann glauben Sie an Ihre Fähigkeiten und den Kapitalismus, der fähige Leute mit steigendem Erfolg belohnt.“

Als ich das las, erinnerte ich mich an die Worte des Unternehmensberaters, der uns vor rund zwanzig Jahren bei unseren eigenen ersten Schritten in die Selbstständigkeit begleitete:

Ohne Geld brauchen Sie gar nicht anzufangen, ein Unternehmen zu gründen.

Aus meiner heutigen Erfahrung kann ich diese Notwendigkeit nur unterstreichen. Natürlich sind die finanziellen Voraussetzungen gerade bei älteren Gründern häufig besser als bei jungen. Nicht selten nutzen ältere Gründer auch einen Teil Ihrer Abfindung für die Gründung.

Tipp: Für alle, die mit einer Abfindung in die Arbeitslosigkeit entlassen wurden, bietet das KAS3V-System , zahlreiche Möglichkeiten, um den Prozess Kündigung – Abfindung – Steuern – Gründung – Vermögensbildung – Vermögenssicherung – Vermögensübertragung aus einem Guss zu planen und zu realisieren.

3.3 Mehr Sicherheit durch passende Förderung

Gerade wer nicht über genügend Eigenkapital für eine erfolgversprechende Gründung verfügt, sucht oft besonders nach Fördermitteln als zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten.
Diese Erfahrung sammelte auch Thomas Thiede in seiner Steuerberatungspraxis. Deshalb warnt er Gründer besonders davor: „Die Existenzgründung nicht an staatlichen Fördermaßnahmen ausrichten, sondern nur die Förderungen mitnehmen, die zum eigentlichen Konzept passen.“

Sicher, Zuschüsse für die Existenzgründung müssen nicht zurückgezahlt werden und schaffen finanziellen Spielraum, der ohne sie nicht vorhanden wäre. Doch für manche Gründer wirken sie auch wie ein Ruhekissen. Sie versäumen es dann, sich von Anfang an konsequent auf die Wertschöpfung zu konzentrieren und verpassen es, ausreichend Gewinn zu erwirtschaften.
Deshalb sollte die Rangfolge lauten: Nicht Förderung mit Gründung, sondern Gründung mit Förderung.

Gerade auch zu den Finanzierungsreserven aufgrund steuerrechtlicher Regelungen finden Sie zum Schluss dieses Kapitels noch eine Reihe von Steuertipps für Jungunternehmer.

 

4. Zusammenfassung

  • Erfolgreich im Job zu sein bietet keine Garantie vor Arbeitsplatzverlust, aber meist gute Voraussetzungen für eine selbstständige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit danach.
  • Eine Existenzgründung nach dem Job ist häufig gerade für Ältere eine Chance, sich ganz neu zu verwirklichen und wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
  • Deshalb ist das Ziel, sein eigener Herr zu sein, eines der Hauptmotive für die Existenzgründung durch Ältere.
  • Ein weiteres Hauptmotiv ist, eine eigene erfolgversprechende Geschäftsidee zu verwirklichen.
  • Nicht zuletzt erzielen Selbstständige und Unternehmer in größerem Maße ein höheres Haushaltsnettoeinkommen als abhängig Beschäftigte.
  • Zu den Vorteilen, die ältere gegenüber jüngeren Gründern haben, gehört vor allem ihre umfangreichere Branchen-, Berufs- und Lebenserfahrung, die ihnen Souveränität verleiht.
  • Gerade beim Unternehmensstart und in den ersten Jahren der Selbstständigkeit zahlt sich zudem die größere Planungs- und Führungserfahrung Älterer aus.
  • Schließlich gehören Kontakte und Netzwerkerfahrungen häufig zu den existentiellen Erfolgsfaktoren für Gründer und Unternehmer.
  • Ein Coach kann Existenzgründern zusätzlich helfen, die Klippen am Start besser zu umschiffen und die Segel so zu setzen, dass die finanziellen Risiken begrenzt und die finanzielle Freiheit schneller erreicht werden

Autor: Dr. Thomas Schulze

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