Berlin Underground: Plattenlabel entsteht in Österreich

aktualisiert am 20. Oktober 2023 6 Minuten zu lesen
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Begonnen hat alles vor acht Jahren mit einer Partyreihe in Tirol. Timothy Hora verfolgte seinen Traum, den Techno der 90er Jahre in einer Veranstaltungsserie in Österreich wieder aufleben zu lassen. Diese war so erfolgreich, dass daraus ein ganzes Plattenlabel entstand. Im Vordergrund steht dabei nicht der kommerzielle Erfolg, sondern der Kulturaspekt der Platte. Finanziert wird das Label durch ein interessantes Geschäftsmodell, das wir euch hier vorstellen.

Spätestens in den 00er-Jahre war die Technobewegung denselben Gang gegangen, wie so viele vielversprechende Musikgenres dieser Zeit: Sie wurde gehypt, kommerzialisiert und verschwand schließlich in der Versenkung. An ihre Stelle traten Minimal, House oder EDM. Wer den klassischen Tresor-Techno der 90er Jahre in Deutschland suchte, wurde nur noch selten fündig.

Timothy Hora wollte das nicht hinnehmen und beschloss eine eigene Party-Reihe in Tirol zu gründen. Hier wurde harter Techno zelebriert, der Raver aus ganz Österreich anzog. Das Know-how brachte Timothy aus seiner eigenen Biografie mit, da er selbst im Tresor aufgelegt hatte. Schnell zeichnete sich ab, dass die Partys erfolgreicher waren als erwartet und die Fangemeinde stetig wuchs. Aus der Zusammenarbeit mit dem Dresdner DJ Sebastian Schmidgen entwickelte sich auch außerhalb der Arbeit eine enge Freundschaft. Sie verband die Liebe zur Musik und der Traum eines eigenen Labels – die ideale Ausgangssituation, ihre Idee in die Tat umzusetzen und zu gründen.

 

Team Berlin Underground im Studio
Das Team von Berlin Underground von links nach rechts: Pierre Deutschmann, Timothy Hora, Alexander Weinstein.

Gründung und Finanzierung

Um dieses aufwendige Projekt zu finanzieren, bedurfte es Kapital. Doch außerhalb des musikalischen Mainstreams ist es für kleine Indie-Labels schwierig, das nötige Startkapital aufzutreiben, geschweige denn, die laufenden Kosten zu decken. Deshalb ging Timothy Hora auch hier einen außergewöhnlichen Weg: Bevor er Berlin Underground gründete, betreute er nicht nur die Party Reihe, sondern führte bereits ein IT-Unternehmen und eine Marketing Agentur. Um Berlin Underground zu finanzieren, sollte das Label in beide Unternehmen integriert werden, ohne dabei dessen künstlerische Unabhängigkeit zu gefährden. Deshalb entschlossen sich die Österreicher die „BU Media International UG (haftungsbeschränkt)“ zu gründen und diese in Berlin anzusiedeln. Als Unternehmenssitz wurde die Friedrichsstraße in Berlin gewählt.

 

Die Gründung einer deutschen UG (haftungsbeschränkt) aus Österreich mit firma.de

Da die Gründung einer UG in Österreich ca. 8.000 EUR gekostet hätte, beschloss Timothy Hora, „Berlin Underground“ in Deutschland zu gründen, denn um eine deutsche UG (haftungsbeschränkt) zu gründen, benötigt man wesentlich weniger Stammkapital. Bei der Gründung verließ er sich auf firma.de. So konnte er die Gründungsbürokratie auf ein Minimum reduzieren. Empfohlen wurde ihm firma.de von der eBuero AG, die mit firma.de kooperiert. „firma.de hat einfach die ‚Vor-Ort-Kompetenz‘ und so konnten wir die Gründung wunderbar umsetzen. Wir sind hochzufrieden“, lobten Timothy Hora und Sebastian Schmidgen den reibungslosen Gründungsprozess.

 

Die Philosophie des Labels

Timothy Hora war damals schon klar, dass es bei einem Label auf deutlich mehr ankommt, als Musik zu produzieren und zu veröffentlichen. Tim fasst die Gründungsidee so zusammen: „Unser Ziel war es, ein Label zu schaffen, das den Spirit des 90er Jahre wiederbelebt und den Künstlern Raum gibt, sich selbst zu entfalten. Es geht dabei nicht um kommerziellen Erfolg, sondern darum, Platten zu veröffentlichen, die das Werk des Künstlers in den Mittelpunkt des Produktionsprozesses stellen.“ Somit ist seine Unternehmensphilosophie durchaus als kontrovers einzustufen und Berlin Underground stellt in der Szene einen Gegenpol zu den großen Major Labels dar. Die Fokussierung auf den künstlerischen Output schließt beispielsweise auch das Cover Artwork mit ein. Bei Berlin Underground werden die Platten- und CD-Cover von Künstlern von Hand gemalt und digitalisiert, eine Kunstform, die mit dem Siegeszug der MP3 in Vergessenheit geriet.

Panoramofoto Berlin Underground Partys

Berlin Underground übernimmt für seine Musiker die gesamte Künstlerbetreuung, also beispielsweise das Booking, die Veröffentlichung, das Marketing und natürlich die Veranstaltungsplanung. Doch was unterscheidet letztlich das Indie Label von den Majors und wo zieht Timothy Hora seine persönliche Grenze zum Kommerz? „Meine persönliche Meinung ist: Wenn Musikwerke produziert werden, hinter denen ehrliche Arbeit steckt, dann ist es vollkommen legitim, wenn diese Künstler über kurz oder lang damit kommerziellen Erfolg haben. Doch wenn ein Label eine ganze Maschinerie damit beauftragt, einen Hit zu produzieren, bei dem es primär um den kommerziellen Erfolg geht und der produzierte DJ am Ende nicht mehr nachvollziehbare Gagen verlangt, dann bleibt letztlich der Kulturaspekt auf der Strecke. Deshalb veröffentlichen wir keine Ghostprodukte, sondern legen Wert darauf, dass der Künstler sein eigenes Werk schafft.“

Mit dieser Philosophie schaffte es Berlin Underground, bekannten Szenegrößen wie beispielsweise Virgil Enzinger, Holgi Star, Mike Wall oder Submerge aus Detroit ein Zuhause zu bieten. Für die Zukunft ist außerdem ein großes Technofestival geplant. Man darf gespannt sein, wie sich Berlin Underground weiterentwickeln wird.

Hörproben finden Sie auf der Homepage des Labels.

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