Da die Inflation unsere Kaufgewohnheiten etwas gewandelt hat, hat sich auch im E-Commerce einiges verändert. Erfahren Sie hier die neuesten Trends und was Sie 2023 beachten sollten.
Wer nicht bereit ist, sich weiterzuentwickeln, mit der Zeit zu gehen und so zu agieren, wie es seine Zielgruppe erwartet, der muss beiseite treten und mitansehen, wie seine Konkurrenten den Erfolg einheimsen. In kaum einer anderen Branche ist diese Regel so bedeutend und taktangebend wie im E-Commerce. Mit diesen Tipps rüsten Sie sich für 2023:
#1 Omnichannel-Marketing nutzen
Nach wie vor sind Bestandskunden das Ziel, das jeder Händler verfolgen sollte. Denn treue, immer wiederkehrende Kunden sind eine hervorragende Basis für wiederkehrende und planbare Umsätze.
Ein wichtiges Werkzeug, um Neukunden schon nach dem ersten Einkauf zu Bestandskunden zu machen, besteht darin, ihnen möglichst viele Kontaktkanäle anzubieten, über die sie den Kauf abwickeln können. Hierzu empfiehlt sich der Omnichannel-Ansatz.
Der Kern von Omnichannel ist eine nahtlose Verzahnung aller Kanäle miteinander. Das Einkaufserlebnis des Kunden kann an jeder Stelle beginnen und an jeder anderen enden, ohne dass es einen Bruch gibt. Omnichannel gilt als Weiterentwicklung des Multichannel-Marketing, das mehrere Kanäle umfasst, die jedoch nicht ineinander greifen. Bedenken Sie jedoch, dass nicht immer Omnichannel der Vorzug zu geben ist, da die technische Umsetzung für viele Unternehmen zu kostenintensiv ist. Hier gilt es Kosten und Nutzen abzuwägen, um ein auf Ihren Webshop und Ihr Budget bestmögliches Ergebnis zu erzielen.
Eine Omnichannel-Strategie sollte niemals um ihrer selbst Willen erstellt werden. Der Fokus sollte maximal darauf liegen, Ihre Kundenbedürfnisse zu befriedigen: Sie wollen das, was Ihre Zielgruppe möchte, schlicht und ergreifend besser erfüllen als alle potentiellen Konkurrenten.
Beginnen Sie dementsprechend mit einem User-zentrierten Design, analysieren Sie, welche Absatzkanäle wirklich von Bedeutung sind. Vor allem aber sollten Sie Profis hinzuziehen, um alles technisch aufzusetzen.
#2 Domain smart benennen
Eine Domain muss man sich gut merken und noch einfacher eingeben können. Außerdem sollte Sie unbedingt einen Hinweis auf das Unternehmen geben oder wenigstens seine produktthematischen Schwerpunkte. An diesem grundsätzlichen „Rezept“ im Rahmen des Aufbaus eines Online-Shops wird sich 2023 nichts ändern – und höchstwahrscheinlich auch nicht in absehbarer Zukunft.
Weitere Tipps zur Domain-Benennung:
- Nutzen Sie Domainnamen mit wenigen Zeichen, um Tippfehler zu reduzieren.
- Vermeiden Sie Namen mit fehleranfälligen Schreibweisen. Oft entsteht bei der mündlichen Übertragung zu viel Fehlerpotenzial. Stellen Sie sich vor, Sie müssten die Domain jemandem vorsagen: „Good tools for you, aber tools mit z am Ende statt s und statt „for“ eine Vier als Ziffer und statt „you“ nur ein u“. Viel zu komplex, da die Schreibweise mündlich nur mit Mühe vermittelt werden kann. Aktuell geht der Trend eher weg von extravaganten Fantasienamen hin zu bekannten Begriffen.
- Vermeiden Sie Wortkopplungen durch Striche. Auch hier gibt es zu viel Fehlerpotenzial, weil die meisten Menschen dazu tendieren, eine Domain aus mehreren Worten zunächst zusammengeschrieben einzugeben.
- Machen Sie es sich zum Grundsatz, jede Domain-Idee in schriftlicher und sprachlicher Form betriebsfremden Personen zu präsentieren – etwa Freunden und Verwandten. Auf diese Weise finden Sie schnell heraus, ob eine Schreibweise zu komplex ist oder ob es möglicherweise leicht ist, beim sprachlichen Übermitteln Fehler zu erzeugen.
Liegt Ihnen ein geeigneter Name vor, sollten Sie zunächst prüfen, ob eine Domain bereits vergeben ist oder ob es durch Klang und Schreibweise möglicherweise zu Konflikten mit anderen Markennamen kommen könnte. Prüfen Sie deshalb umfassend beim Deutschen Patent- und Markenamt im dortigen Register.
#3 Wunschterminlieferung anbieten
Diese Trendwende bricht mit dem seit Jahren gültigen Grundsatz: Je schneller die Lieferung beim Kunden ist, desto besser.
Obwohl nach wie vor viele Kunden eine solche Next- oder gar Same Day-Delivery wünschen, ist es der Mehrheit der Kunden wichtiger, genau dann eine Lieferung zu bekommen, wenn sie wirklich zuhause sind. Die Ursache hierfür ist das steigende Verlangen vieler Menschen, das gesamte Thema Einkäufe so flexibel wie möglich in ihren restlichen Tagesablauf integrieren zu können. Auch die Option zur Lieferung an Packstationen ist eine beliebte Variante, die eine verbindliche Zustellung garantiert.
Welche Variante bevorzugt wird, ist stark zielgruppenabhängig. Millennials etwa wünschen meist nach wie vor maximales Tempo. Um die richtige Balance zu finden, sollten Sie folgendermaßen vorgehen:
- Definieren Sie Ihre Zielgruppen präzise.
- Offerieren Sie schnelle Lieferungen, Lieferung an Packstationen und Wunschterminlieferungen gleichberechtigt nebeneinander und analysieren Sie, was in welcher Zielgruppe beliebter ist.
#4 Produkte sicher und nachhaltig verschicken
Heutzutage erwarten Kunden neben einer sicheren Zustellung Ihrer Bestellung außerdem, dass die Ware nachhaltig verpackt wird.
Grundsätzlich sollten Sie diese beiden Aspekte gleichberechtigt behandeln. Beginnen Sie mit den Versandkartons. Nutzen Sie die Optionen für ein ansprechendes Design in Verbindung mit nachhaltigen Materialien. Beispielsweise hier gibt es Spezialisten, die sich genau darauf fokussieren. Bedenken Sie, diese Kartons erfüllen mehrere Funktionen:
- Schutz des Inhalts
- (Psychologische) Wirkung ähnlich wie die von Geschenkpapier
- Wichtiges Marketing-Instrument
Gehen Sie das Thema also nicht nur mit dem Gedanken an eine reine Transportverpackung an, sondern stellen Sie sich die Frage, wie Sie auch durch das Kartondesign den ganzen Unboxing-Prozess attraktiv gestalten können.
Schon Anblick und Haptik sollten Vorfreude wecken, das Öffnen keine Herausforderung darstellen. Selbst etwaige Polstermaterialien sollten nicht den Eindruck von Beliebigkeit haben. Und falls Sie über die Produktverpackung selbst entscheiden können, sollte diese natürlich ebenfalls diesen Kriterien entsprechen. Unboxing ist für viele Menschen mehr als nur das Aufreißen der Verpackung, um an das Produkt zu gelangen.
Da es zudem mittlerweile für sämtliche notwendigen Materialien nachhaltige, recyclebare oder gar kompostierbare Alternativen gibt, spricht nichts gegen eine Verbindung von Unboxing-Genuss und Nachhaltigkeit.
#5 Voice Commerce nutzen für junge Zielgruppen
Sprachassistenten gibt es bereits seit einigen Jahren. Vieles von dem, was sich die Entwickler einst versprachen, konnte sich nicht erfüllen – weshalb unter anderem Amazons Alexa aktuell mit geringerer Priorität behandelt wird. Einige hundert Jobs in dem Bereich werden derzeit abgebaut oder wurden es bereits.
Aber: Selbst, wenn die auf Zuruf agierenden Assistenten vielleicht (noch) nicht der gigantische Wurf sind, den viele in ihnen sahen, so haben sie sich dennoch absolut fraglos im Leben von Dutzenden Millionen Menschen fest etabliert. Und der wichtigste Grund, warum Voice Commerce bislang bei deutschen Usern eher wenig etabliert ist, ist die mangelnde Informationsvermittlung durch die Applikationen.
Das heißt, wie gut Menschen Voice Commerce akzeptieren, hängt einzig und allein davon ab, wie sehr Händler bereit sind, diese rein akustische Shopping-Variante „sauber“ in ihr Vertriebsmodell zu integrieren. Bedenken Sie hierbei: Ein immer größerer prozentualer Anteil der Bevölkerung und somit Ihrer Zielgruppe gehört zu den Digital Natives. Diese sind es, die gegenüber Sprachassistenten und dem Shopping damit besonders aufgeschlossen sind.
Besonders dann, wenn Sie eine eher junge Zielgruppe ansprechen, können Sie jetzt mit einer transparenten, funktionalen und in die gängigen Assistenten integrierten Form von Voice Commerce vielen Konkurrenten mehr als nur eine Nasenlänge voraus sein.
Um Ihren Shop für Voice Commerce anzupassen, gibt es prinzipiell zwei Optionen:
- Sie entwickeln eine eigene Voice App – entweder eigenständig oder im Rahmen der jeweiligen „Skills“-Systeme der unterschiedlichen Assistenten. Das ist zwar effektiv, allerdings aufwendig und naturgemäß kostspielig.
- Sie fokussieren einen Teil Ihrer Suchmaschinenoptimierungsbestrebungen auf das Thema Voice Search. Das erfordert primär lediglich eine veränderte Herangehensweise bei den Keywords. Diese müssen als auf Voice Search optimierte Longtail Keywords gestaltet sein, also den menschlichen Sprachgewohnheiten entsprechen.
Letzteres ist meist die für kleinere Unternehmen bessere Herangehensweise, da es keine starke finanzielle Belastung bedeutet.
Achten Sie in diesem Fall jedoch noch stärker auf eine wirklich verständliche Produktbeschreibung. Ihr Kunde kann sich die Ware nur anhand der gesprochenen Details vorstellen. Gelingt das nicht, wird die Erfahrung mit Voice Commerce sofort negativ – und mitunter leidet sogar Ihre gesamte Reputation als Händler.
#6 Krypto-Bezahlung in Erwägung ziehen
Es gibt wohl nur wenige Dinge aus der digitalen Welt, an denen sich so sehr die Meinungen spalten wie Kryptowährungen. Ganz gleich, wie Sie persönlich zu diesem Thema stehen, so sollten Sie einige Tatsachen nicht ignorieren:
- Kryptowährungen haben längst ihre Nische verlassen. In Deutschland etwa nutzten schon 2021 etwa zehn Prozent eine dieser Währungen; in der Schweiz sogar 17 Prozent.
- Zielgruppen sind umso Krypto-affiner, je jünger sie sind.
- Auch angesichts der derzeitigen Inflation haben diese Währungen eine gesteigerte Bedeutung erfahren und viele weitere Personen an das Thema herangeführt.
Für Experten steht fest, dass vor allem bei der alltäglichen Nutzung (nicht nur als Geldanlage) eine noch größere Marktdurchdringung möglich wäre, wenn schlicht mehr Anbieter von Waren und Dienstleistungen solche Zahlungsmethoden offerieren würden.
Grundsätzlich sollten Sie dafür eine Auslese treffen. Anfang Januar 2023 gab es weltweit fast 8.900 unterschiedliche Kryptowährungen. Es reicht jedoch ein winziger Bruchteil davon in Ihrem Shop. Beispielsweise können Sie die bekannteren Währungen Bitcoin, Ethereum und vielleicht Tether anbieten. Dann benötigen Sie nur noch eine Drittanbieter-Zahlungsplattform, damit die technischen Rahmenbedingungen stimmen – und natürlich ein Konto.
Sprechen Sie bei Nutzung von Kryptowährungen auch unbedingt Ihren Steuerberater an, damit die Zahlungen korrekt verbucht werden können. Nicht alle Buchhaltungssysteme können das und Sie möchten sich keinem Verdacht bei den Finanzbehörden aussetzen.
Entscheiden Sie sich dafür, sollten Sie Ihr Unternehmen bei einschlägigen Krypto-Plattformen eintragen. Dort werden immer wieder Listen von Firmen erstellt, die diese Zahlungsweisen akzeptieren. Sie sind zudem via Google für die meisten Nutzer die wichtigsten Informationsquellen – wodurch Sie also auf einer zusätzlichen Ebene Marketing betreiben können.
#7 Prüfen, ob Ihre Zielgruppe Gebrauchtware akzeptiert
Der Kundenwunsch nach Nachhaltigkeit gilt mittlerweile nicht mehr nur für die Verpackung, sondern auch für die Produkte selbst. Hierzu einige Entwicklungen:
- Rücksendungen von Waren sind oftmals nicht von Nachhaltigkeit geprägt, zum Beispiel werden Produkte einfach vernichtet, obwohl es keine Schäden daran gibt.
- In Form von Retouren-Händlern hat sich eine eigene, völlig neue Unterkategorie von E-Commerce herausgebildet, sozusagen „digitale Resterampen“.
- Auch aufgrund der Inflation boomt derzeit die Bereitschaft zum Kauf von Retouren sowie Second-Hand-Waren.
Selbst wenn der Verkauf von Neuwaren Ihr Kerngeschäft ist, sollten Sie diese Entwicklungen nicht ignorieren und prüfen, ob auch in Ihrem Webshop eine Kaufbereitschaft für Second-Hand-Ware/Retouren vorhanden ist. Gerade dort, wo es nicht um hygienische Aspekte geht, ist die Akzeptanz in der Regel besonders groß.
Zur Umsetzung genügt beispielsweise, in Ihrem Shop eine gesonderte Kategorie „Retouren und B-Ware“ zu integrieren. Solange sich dort nur Produkte aus Ihrem regulären Shop befinden, müssen Sie nicht einmal etwas am Bildmaterial und den Beschreibungen ändern. Hinweise wie diese wären jedoch zu ergänzen:
- Abbildungen und Beschreibungen sind beispielhaft.
- Das tatsächliche Produkt kann kleinere Gebrauchsspuren aufweisen.
- Es wird keine Garantie für die Integrität der Produktverpackung übernommen.
Ihre Mehrarbeit erstreckt sich daher auf das Sichten und Sortieren solcher Retouren. Durch die geringeren Preise können Sie je nach Zielgruppe auf interessante Umsätze hoffen – und obendrein in Sachen Marketing das gute Gewissen ansprechen. Sollte es sich anbieten, dieses Geschäftsmodell grüßer aufzuziehen, wäre zu überlegen, es an ein Tochterunternehmen (Holding-Modell) auszulagern.
#8 Live Shopping in Erwägung ziehen
Live Shopping findet heutzutage nicht mehr im Fernsehen, sondern auf Social Media statt – insbesondere auf TikTok. Vorwiegend bei jüngeren Kunden könnten auch in Ihrer Branche große Potentiale schlummern.
Das Interessante dabei ist das generell interaktive Konzept der Live-Verkäufe. Verkäufer präsentieren nicht nur, sondern sie interagieren direkt mit dem einzelnen Kunden. Dadurch lassen sich Demonstrationen, Unboxings und ähnliche Herangehensweisen direkt an Kaufentscheidungen koppeln – vielfach durch einen gewissen Gruppendruck noch verstärkt.
Fraglos benötigt Live-Shopping mehr als nur einen Account auf den entsprechenden Plattformen. Um Erfolge zu haben, sind notwendig:
- Soziokulturelles Verständnis der Generation Z, deren Kaufverhalten, Sprache etc., um Live Shopping zielgruppengerecht aufzusetzen
- Moderator/Influencer mit der Fähigkeit, Produkte live auf eine spannende, unterhaltsame, einzigartige Weise mit hohem Entertainment-Faktor präsentieren zu können
- Entsprechende Technik und Routine in der Bedienung
- Einhaltung der Plattformvorgaben
Als „normaler“ Online-Händler werden Sie nicht von heute auf morgen zum Live-Shopping-Dirigenten. Aber mit etwas Geduld, Lernwillen, Nachjustierungen sowie einem geeigneten Team können auch Sie Live-Shopping erfolgreich umsetzen.