Fotobuch-Startup: „Wir wollten mit storykids kein Billig-Produkt entwickeln“

aktualisiert am 20. Oktober 2023 10 Minuten zu lesen
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Der Fotobuch-Webshop storykids setzt auf qualitativ hochwertige Familienfotos in liebevoller Aufmachung. Gründer Jonathan Lavigne erzählt im firma.de-Interview von seiner Marketing-Strategie, Hindernissen bei der Gründung und wie er mit Problemen bei der Strategiefindung umgeht.

Jonathan Lavigne
Jonathan Lavigne

 

Jonathan, wie kamst du auf das Konzept von storykids?

Ich bin Franzose und wohne mit meiner Familie in Deutschland, meine Eltern und die übrige Familie leben in Frankreich. Als wir vor einigen Jahren ein Kind bekommen haben, stellte sich mir die Frage, wie ich der Oma am besten Bilder von ihrem Enkel zuschicken kann. Wie viele Menschen in ihrem Alter besitzt sie kein Handy, kein Whatsapp und auch keinen Computer. Also habe ich angefangen, ihr Bilder per Post zu schicken.

Und das hat nicht gut geklappt?

Dazu habe ich eine französische App benutzt, die ein ähnliches Konzept wie storykids hat, jedoch fand ich die Qualität der Bilder ziemlich schlecht. Man hat quasi ein kleines Heftchen bekommen, das aussah, als sei alles zu Hause ausgedruckt worden. Als ich 2018 Onefootball verließ, habe ich mir gedacht: Warum sollte ich diese Geschäftsidee nicht selbst umsetzen, nur eben in besserer Qualität. So hat es mit storykids begonnen.

Und wie ging es dann konkret mit storykids weiter?

Die Firma gibt es bereits seit einem Jahr. Ich hatte zu Beginn schnell gegründet und mir dann erst die Zeit genommen, um das Produkt gemeinsam mit einigen Freelancern zu bauen. Als wir die App fertig hatten, habe ich ein Team aufgebaut, bestehend aus Leuten, die ich schon lange kenne und auf die ich zählen kann. Inzwischen sind wir vier Leute und alle sind beteiligt an storykids, das war mir wichtig.

Was genau ist das Besondere an storykids?

Online-Services für Fotobücher gibt es viele, die vom Prinzip her meist ähnlich funktionieren. Den Unterschied machen die Details. Wir machen das mit sehr viel Liebe und versuchen mit dem fertigen Produkt, beim Empfänger eine gewisse Emotion zu erzeugen. Alle Kunden, die den Service bisher nutzen, schätzen das Produkt, dessen Qualität, das Papier, den Druck usw. Sowohl Omas als auch Eltern und Angehörige geben ausschließlich positives Feedback. Mit storykids wollen wir eine Marke aufbauen, die für gewisse Werte steht. Etwas, das von der Familie als Erinnerung aufbewahrt wird. Wir wollten mit storykids kein Billig-Produkt entwickeln, das diesem Anspruch nicht gerecht wird.

Habt ihr vor, das storykids-Konzept, auch auf andere Bereiche zu erweitern, beispielsweise Fotobücher für Sportvereine etc. ?

Wir möchten zunächst das storykids-Portfolio erweitern, bevor wir andere Bereiche angehen. Bei Onefootball war es damals genauso. Als das Geschäftsmodell anlief, dachten wir zunächst, wir könnten das für alle anderen Sportarten der Welt auch umsetzen, also Basketball, Handball, Tennis usw. Doch am Ende sind das völlig andere Zielgruppen, völlig andere Kunden. Es erfordert in jedem Bereich sehr viel Zeit, um mit dem Marktstatus des ursprünglichen Produktes gleichzuziehen. Insofern haben wir uns damals dafür entschieden, bei der ursprünglichen Idee zu bleiben. Für storykids gilt das genauso.

Was bedeutet eine neue Zielgruppe für das Marketing?

Man arbeitet dann tatsächlich an zwei grundverschiedenen Marketing-Projekten. Das Produkt kann sich dann nur sehr langsam entwickeln, da man es nicht mehr so schnell an den Markt anpassen kann. Ich bin generell kein großer Fan davon, fünf Versionen des gleichen Produkts für unterschiedliche Zielgruppen zu entwickeln. Oder man bietet eben eine generische Fotodruck-App an und jeder kann sie für jeden Zweck nutzen, was die Zielgruppe und das Marketing wieder völlig verändert. Und dann bräuchten wir natürlich auch ein ganz anderes Budget, um mit Rossmann etc. konkurrieren zu können.

Wann habt ihr mit dem Marketing in Deutschland begonnen?

Mit dem Marketing waren wir generell etwas spät dran, da wir uns erst als Team eingrooven mussten. Wir sind vier Franzosen in Deutschland, die auch deutsch sprechen. Nur ist es ein Riesenunterschied, sich auf Deutsch unterhalten zu können und eine Marketing-Kampagne auf Deutsch zu texten. Insofern haben wir uns im Oktober 2019 zunächst auf den französischen Markt konzentriert, erst seit Anfang 2020 auf den deutschen.

Wie geht ihr beim Marketing konkret vor? Wie gelangt ihr an eure Zielgruppe?

Bis jetzt haben wir eine deutsche Webseite, mit der wir Einiges testen. Aktuell hat die Seite noch kaum Content und ist auch noch nicht SEO-optimiert. Aktuell setzen wir eine Content-Marketing-Strategie um und machen Interviews und Podcasts zu unseren Themen Kinder und Familie. Auch ich persönlich arbeite daran mit. Ads auf Facebook und Social Media Kanälen sind uns zu teuer, wir haben nur ein sehr begrenztes Budget. Influencer Marketing ist für uns allerdings sehr wichtig.

Wo wird man storykids-Fotobücher kaufen können?

Wichtig für uns werden Distributionskanäle wie Giftcard sein, wo man das Produkt als Geschenk kaufen kann. Oder eben digitale Marktplätze wie Amazon. Gleichzeitig sind Spielzeugläden spannend.

 

„Man sollte sich schon sehr früh Gedanken machen, was man beweisen will.”

 

Was waren deine größten Probleme bei der Gründung und wie hast du diese gelöst?
Die Formalitäten, der Papierkram, die Reihenfolge der Schritte beim Gründungsprozess und die Zeit, die man für die Abwicklung benötigt, waren für uns definitiv Punkte, mit denen wir uns ungern auseinandersetzen wollten. Man will ja sein Produkt voranbringen und nicht Tage damit zubringen, herauszufinden welches Formular man wo hinschicken muss. Ich war froh, als ich auf firma.de gestoßen bin. Auf einem Vortrag habe ich Christian (Kedzierski, firma.de-CTO) kennengelernt und er meinte sofort, er könne mir helfen. Obwohl oder auch gerade weil ich durch Onefootball schon sehr viel Erfahrung mit dem gesamten Prozess hatte, hatte ich keine Lust, mich erneut damit zu beschäftigen.

Was würdest du Gründern als Tipp mit auf den Weg geben? Was weißt du heute, was du damals nicht wusstest?

Gründen ist immer schwerer als man denkt. Das wusste ich zwar, aber man akzeptiert es einfach nicht. Man denkt, ich weiß es besser, ich hab meine Idee, es wird funktionieren. Hier ist wichtig, mehr Objektivität in die Analyse der Konzeption zu bringen. Im Nachhinein muss ich sagen, dass wir zu lange an der App entwickelt haben, bevor wir sie auf den Markt gebracht haben. Man sollte sich schon sehr früh Gedanken dazu machen, was man beweisen will.

Wie war das bei storykids?

Bei storykids stellt sich weniger die Frage „Nutzt jemand meine App, um Bilder zu drucken?” sondern eher „Will jemand jeden Monat 30 Bilder als Fotoalbum drucken”? Diese Frage hätte ich im Nachhinein früher beantwortet mit der Hilfe von Freunden. Ich gebe jemandem 30 Bilder pro Monat und er/sie sagt mir dann, ob er/sie damit glücklich ist. So kann ich das Konzept selbst verifizieren und nicht das Medium, das für das Konzept gewählt wurde. Man muss hier tatsächlich etwas abstrakter an die Sache herangehen und nicht voreilig sagen: dafür brauche ich eine App, das lösen wir so, etc. Vielleicht wäre tatsächlich eine App die beste Lösung zur Umsetzung deiner Idee, aber die App kann nicht dein Konzept validieren. Die App ist in der Regel nur ein Werkzeug zur Umsetzung.

Hast du eine bestimmte Herangehensweise, um Konzepte zu hinterfragen oder generell Probleme gezielt und analytisch anzugehen?

Was bei mir sehr gut funktioniert, ist zu schreiben, viel schreiben. Beim Schreiben finden sich die kleinen wichtigen Details zu allen Problemen. Wenn man beispielsweise nicht weiß, was man machen soll im Rahmen einer Kampagne, einem Feature oder einem Produkt, hilft es, einfach alles aufzuschreiben und sich zu zwingen, seine Gedanken zu organisieren. Durchs Schreiben kommt man in einen bestimmten Modus. Die Fragen kommen, die Antworten kommen und schon ist man einen Schritt weiter. So werden Ideen erst Wirklichkeit.

 


Jonathan Lavigne arbeitete zunächst als Entwickler für eine Tochterfirma von Sony Ericsson und machte mit Onefootball seine ersten Startup-Erfahrungen, das heute zu den führenden mobilen Fußballplattformen zählt. storykids gründete der Wahl-Berliner 2018.

Bild: storykids

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