“Enjoy the Ride”: Jimdo-Gründer Matthias Henze im Interview

aktualisiert am 20. Oktober 2023 9 Minuten zu lesen
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Matthias Henze, Geschäftsführer und Gründer von Jimdo, erzählt im Interview mit firma.de, warum das Jimdo-Team einer großen WG gleicht und er Krisen als Chancen betrachtet.

 

Auf der Messe “Gründen Fördern Wachsen” 2017 in Offenbach trat Matthias Henze von Jimdo als Keynote Speaker auf. Sein Unternehmen bietet professionell designte Website-Kits für Privatpersonen und Kleinunternehmer an, die keine Webdesign-Kenntnisse besitzen. In seinem Vortrag mit dem Titel “Enjoy the Ride!” berichtete er von seiner mittlerweile über zehnjährigen Karriere als Online-Unternehmer und zeigte, dass eine Gründung erfüllend sein kann, aber auch schwierige Zeiten dazugehören.

Matthias Henze, Geschäftsführer Jimdo.de

firma.de: Was sind die Vorzüge von Jimdo gegenüber ähnlichen Services, die es schon in der Vergangenheit gab?

Henze: Mit Jimdo kann jeder auch ohne Programmierkenntnisse eine richtig schöne und professionelle Website erstellen. Diese Idee war vor 10 Jahren völlig neu und wir haben den Ansatz konsequent weiter verfolgt. So können Nutzer mit dem Baukastensystem ganz leicht und intuitiv die eigene Website nach ihren Wünschen gestalten. Um den Rest kümmern wir uns: Professionelle Designs, Hosting und Domain, regelmäßige Updates und natürlich regelmäßig neue Features.

Wichtig ist für uns zudem, immer wieder neu auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen und uns mitzuentwickeln. Darum haben wir vor kurzem gerade ein ganz neues Produkt als Preview Release präsentiert: Mit unserem neuen Jimdo Dolphin kann jeder innerhalb von drei Minuten eine eigene Website erstellen. Dafür stellt Dolphin dem Nutzer einige kurze Fragen und personalisiert die Website anhand der Antworten. Indem man zudem seine Social-Media-Konten verbindet, integriert Dolphin automatisch alle wichtigen Infos und Bilder. So hat der Nutzer wirklich in Minutenschnelle eine individuelle, schicke Website. Das ist unsere Vision vom Website-Baukasten einer neuen Generation.

Gerade im Onlinesektor gibt es viele Gründungen, aber nur wenige haben langfristigen Erfolg. Wie erklären Sie sich das?

Ich glaube nicht, dass es da einen nennenswerten Unterschied zwischen dem Online- und Offlinesektor gibt. Wenn ein Unternehmen sich nicht etablieren kann, kann das aus unterschiedlichen Gründen passieren: eine nicht funktionierende Geschäftsidee, ein schlechter Zeitpunkt für den Launch, mangelnde Ausdauer vonseiten der Gründer, ein schlechtes Businessmodell.

Wie ist es, als junger Mensch zu gründen?

Als junger Gründer ist man häufig unbekümmerter, Neues auszuprobieren und lässt sich weniger von möglichen Risiken beeinflussen. Davon haben wir in der Anfangszeit auch profitiert, als wir in unseren frühen Zwanzigern NorthClick und dann Jimdo gegründet haben: Man glaubt an seine Idee und hat ganz pragmatisch gesehen auch einfach weniger zu verlieren. Denn in der Regel ist das Geld zunächst einmal zweitrangig – was für die Umsetzung der eigenen Vision einen entscheidenden Gewinn bedeuten kann.

Viele erfolgreiche Gründer waren in ihrer Anfangszeit sehr jung, zum Beispiel Mark Zuckerberg von Facebook oder Evan Spiegel von Snapchat. Die technischen Voraussetzungen entwickeln und ändern sich für Gründer im Online-Bereich heute so schnell wie noch nie. Das bedeutet auch, dass immer wieder neue Möglichkeiten ergeben, sich unternehmerisch auszuprobieren.

Welche Anfängerfehler, die euch passiert sind, sollten Gründer meiden?

Wir glauben, dass die Fehler, die wir gemacht hatten, uns in unserer Karriere weitergebracht haben. Eine Neugründung verläuft nie geradlinig, jeder Gründer hat in seiner Karriere auch schwierigere Phasen. Diese Phasen bieten aber eine gute Möglichkeit, dazuzulernen und sich besser auf das zu fokussieren, was man tut. Fehler gehören zur Gründung dazu.

Sie beschreiben Ihre Unternehmenskultur “wie in einer großen WG”. Auf der anderen Seite haben Sie aber auch über 200 Mitarbeiter in verschiedenen Ländern. Wie setzen Sie dieses WG-Gefühl um?

Wir betrachten unser Team wie eine Sportmannschaft: Alle arbeiten gemeinsam auf ein Ziel hin, während jeder seine eigene Rolle im Team hat.

Die Zusammenarbeit bei Jimdo ist von einem starken Miteinander geprägt; wir unterstützen uns gegenseitig in unserer Arbeit und bei unseren Zielen. Respekt und Ehrlichkeit sind uns sehr wichtig, doch auch auf Zielorientierung legen wir viel Wert. Ambition und ein guter sozialer Umgang widersprechen sich für uns nicht.

In Ihrem Vortrag auf der “Gründen Fördern Wachsen” 2017 haben Sie Ihren Unternehmenssitz in Tokio erwähnt. Die japanische Unternehmenskultur gilt als konservativ und stark hierarchisch geprägt. Wie setzen Sie dort Ihre Unternehmensphilosophie um?

Wir arbeiten in Japan mit einem Partner zusammen, der unsere Unternehmensphilosophie teilt und umsetzt. Auch das Team in Tokio ist sehr jung; die kulturellen Unterschiede zum deutschen Team sind gar nicht so groß.

Sie präsentieren sich trotz aller Rückschläge als optimistischer Unternehmer. Wie verträgt sich dies mit den “harten Fakten”?

Ich würde mich nicht als Idealist beschreiben. Aber wir behalten unsere Mission im Auge, die schon ein wenig idealistisch geprägt ist: Wir wollen junge Unternehmer dabei unterstützen, ihre Website zu erstellen und damit online ihre Ziele zu erreichen. Diese Arbeit machen wir sehr gerne, sie bedeutet uns sehr viel. Unsere Leidenschaft widerspricht sich nicht mit der Führung eines erfolgreichen Unternehmens. Vielmehr motiviert sie uns noch mehr, das Beste für unsere Nutzer zu erreichen.

In Ihrem Vortrag haben Sie erwähnt, dass es auch ein “zu schnelles Wachstum” geben kann. Wie verstehen Sie das?

Manchmal kann es passieren, dass gewisse Bereiche zu schnell wachsen, etwa durch zu hohe Marketing-Investitionen oder einen zu großen Zuwachs im Team. Dies kann sich negativ auf die Effektivität des Unternehmens auswirken. Man muss eine Balance zwischen den Bereichen herstellen, was nicht immer einfach ist, weil es sehr schnell gehen muss.

Wie haben Sie Ihre Rückschläge emotional bewältigt?

Wir haben immer daran geglaubt, dass wir unsere Ziele erreichen können. Daran haben wir nie gezweifelt. Weiterhin haben wir jede Krise als Wachstumschance betrachtet. Wir haben uns dadurch als Unternehmer und Persönlichkeiten sehr weiterentwickelt. Nach einiger Zeit entwickelt man auch das notwendige Selbstvertrauen, um mit den Krisen konstruktiv umzugehen.

Welche Tipps möchten Sie Neugründern mit auf den Weg geben?

Zögern Sie nicht und legen Sie einfach mit Ihrer Gründung los. Sie sollten bei Ihrer Produktentwicklung nicht zu perfektionistisch sein und alle Faktoren übermäßig analysieren. Wichtig ist, dass Sie den Mut aufbringen, einfach anzufangen und an sich zu glauben.

Matthias Henze ist Geschäftsführer und einer der drei Gründer des Hamburger Internet-Unternehmens Jimdo. Auf der Messe “Gründen Fördern Wachsen” 2017 in Offenbach trat er als Keynote Speaker auf. Jimdo bietet für Privatpersonen und Firmen die Möglichkeit, ohne Webdesign-Kenntnisse in kurzer Zeit eine professionell gestaltete Website zu erstellen.

Den vollständigen Nachbericht von firma.de zur “Gründen Fördern Wachsen” 2017 können Sie hier nachlesen.

Bildquelle: Jimdo.de

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