Wann nennt man Startups auch Unicorns?

aktualisiert am 20. Oktober 2023 5 Minuten zu lesen
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Startups und Unicorns (dt. Einhörner) in einem Atemzug zu nennen, erscheint auf den ersten Blick etwas grotesk. Es handelt sich – ohne Frage – um eine wunderliche Kombination von zwei völlig verschiedenen Daseinsformen und doch verbinden sie mehr Gemeinsamkeiten als zunächst vermutet. Genau wie das edle Fabelwesen mit dem weißen Fell und dem charakteristischen Horn auf der Stirn, gibt es auch Startups, die durch ihre Einzigartigkeit aus der Herde herausstechen. „Unicorns“ werden die Startups genannt, die von Investoren mit mindestens 1 Milliarde US-Dollar bewertet werden.

 

Vom Startup zum Unicorn

Die wichtigste Bedingung, um den Status des Unicorn-Startups zu erhalten, ist die Firmenbewertung von Investoren mit mindestens 1 Milliarde US-Dollar. Diese muss jedoch erfolgt sein, bevor das Unternehmen an die Börse geht oder einen sogenannten „Exit“ durchläuft (das heißt, wenn der Kapitalgeber sich aus dem Unternehmen zurückzieht, weil er beispielsweise seine Anteile an andere Firmen verkauft, beziehungsweise weil die ursprünglichen Gründer ihre Anteile zurückkaufen).

Bei der Entwicklung vom Startup zum Unicorn-Startup handelt es sich um ein sehr seltenes Phänomen, womit der Name „Unicorn“ kaum treffender gewählt sein könnte. Die statistische Wahrscheinlichkeit, vor dem Börsengang oder einem Exit eine Firmenbewertung in Milliardenhöhe zu erhalten, ist vergleichbar mit der Unwahrscheinlichkeit, einem Traumwesen – wie beispielsweise dem Einhorn – jemals persönlich zu begegnen.

Um eine so hohe Bewertung zu erreichen, muss ein großes Vertrauensverhältnis zwischen dem Gründer und den Investoren bestehen sowie deren absolute Überzeugung von der Lukrativität der Idee und der Firma. Immerhin darf das Unternehmen in der Zeit bis zur Erreichung der magischen Schwelle von 1 Milliarde US-Dollar nicht an die Börse gehen, womit die wirtschaftliche Verfassung des Startups einzig und allein von den finanziellen Ressourcen der Investoren abhängt.

 

Woher stammt die Bezeichnung „Unicorn“ für Startups?

Aileen Lee, die Gründerin der Kapitalgesellschaft „Cowboy Ventures“, hat den Begriff „Unicorn“ 2013 erstmals für ein Projekt verwendet, in welchem die Entwicklung von Startups analysiert wurde. Seit 2015 ist die Bezeichnung fest im Startup- und Venture-Capital-Umfeld verankert.

 

Woher kommen all die Unicorns?

Eine mögliche Begründung für die zunehmende Zahl an Unicorn-Startups ist, dass Unternehmen heutzutage deutlich später an die Börse gehen beziehungsweise später an andere Firmen verkauft werden. Für gewöhnlich gingen Unternehmen nach vier Jahren an die Börse, seit Ende 2016 ist die durchschnittliche Dauer bis zum Börsengang einer Firma auf elf Jahre angestiegen. Der Grund hierfür könnte sein, dass weder Investoren noch die Startups sich den erweiterten und strengeren Auflagen an der Börse unterordnen wollen. Ein weiterer Grund für die vermehrten Unicorns ist, dass sich Startups den schnellen technologischen Fortschritt zu Nutzen machen. Mit dem explosionsartigen Aufstieg von Social Media und anderen technologischen Errungenschaften wie Smartphones oder Cloudcomputing können Unternehmen heute im Vergleich zu früher eine unverhältnismäßig breite Masse an Menschen erreichen. Dies erklärt auch das schnelle Wachstum von Firmengrößen wie Facebook, Twitter, Zalando oder WhatsApp, die in der Vergangenheit auch einmal Unicorns waren. Die meisten Unicorns sind übrigens junge Unternehmen aus der Tech-Branche.

Einer aktuellen Übersicht der Technologie-Website TechCrunch zufolge (Stand: Dezember 2017), gab es 2017 124 neue Unicorns. Im Jahr 2017 kamen davon 58 Unicorns aus den USA. In China waren immerhin 38 Unicorns beheimatet. In Europa fühlen sich Startup-Unicorns offenbar nicht besonders wohl. Mit 9 Unicorns in 2017 liegt Großbritannien auf Platz eins. Deutschland hingegen brachte 2017 gerade mal ein Unicorn hervor, die AUTO1 Group.

 

Sind Unicorns bereits wieder vom Aussterben bedroht?

Die Existenz der Startup-Unicorns hängt stark vom weltweiten Zinsniveau und dessen stetiger Entwicklung ab. Wenn sich die Investitionszinsen erhöhen, wird es auch für die Investoren schwieriger, neues und frisches Kapital in das Startup einzubringen. Folglich sinkt auch die Wahrscheinlichkeit für eine Firma, zum Unicorn zu werden. Die Angst vor einer Blase wächst, denn das Aussterben oder Fortbestehen der Unicorns lässt sich kaum beeinflussen.

Aktuell sieht es nicht so aus, als würden die Einhörner bald verschwinden. Ganz im Gegenteil. Es ist mittlerweile sogar die Rede von einer neuen Spezies: dem Decacorn, das Zehnhorn, das sogar eine Firmenbewertung von 10 Milliarden US-Dollar erreicht. Weltweit haben es bisher nur 68 Unternehmen zum Decacorn geschafft. Zum Beispiel der Musikstreaming-Dienst Spotify aus Schweden oder die Unterkunftsvermietung AirBnB, der Instant-Messaging-Dienst Snapchat, der Filehosting-Dienst Dropbox oder das soziale Netzwerk Pinterest, welche allesamt aus den USA stammen. Es sieht also ganz danach aus, als würden sich die Unicorns und Decacorns noch eine Weile in der Geschäftswelt breitmachen.

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