Mitarbeiterbeteiligung: Modelle für Start-ups

aktualisiert am 20. Oktober 2023 7 Minuten zu lesen
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Nur 45 % der Tech Start-ups in Deutschland greifen laut bitkom Startup Report 2021 auf Modelle der Mitarbeiterbeteiligung zurück. Davon beteiligt jedes dritte Unternehmen ausschließlich Führungskräfte. Eine Steuererleichterung soll solche Modelle für Gründer und ihre Mitarbeiter nun interessanter machen.

 

Was versteht man unter materieller Mitarbeiterbeteiligung?

Auch Mitarbeiter, die nicht zum Gründungsteam gehören, sollen am Unternehmenserfolg beteiligt werden. In der Praxis wird hierbei zwischen den beiden Modellen ESOP und VSOP:

ESOP (Employee Stock Option Plan) VSOP (Virtual Stock Option Plan)
Art der Beteiligung
  • Mitarbeiter erhält Geschäftsanteile und wird damit direkt beteiligt
  • „echte“ Mitarbeiterbeteiligung
  • Dem Mitarbeiter wird eine Geldzahlung in Aussicht gestellt
  • Auszahlung ist an Voraussetzungen geknüpft
  • „unechte“ Mitarbeiterbeteiligung.
Vorteile
  • Kein Risiko für den Mitarbeiter, da keine Einlage zu leisten ist
  • Motivation durch direkte Teilhabe am Erfolg des Unternehmens
  • Versteuerung erst bei Ausüben der Option
  • Vorteil für Gründer: Kein Mitspracherecht für den Mitarbeiter
Identisch zu ESOP, zusätzlich gilt aber:

  • Vertrag ist weniger komplex
  • Keine notarielle Beurkundung notwendig
  • Als Betriebsausgaben absetzbar
  • Für deutlich mehr Unternehmenstypen geeignet
Nachteile
  • Ansprüche gehen bei Verlassen des Unternehmens vor Exit möglicherweise verloren
  • Hoher Aufwand für das Unternehmen: B. notarielle Beurkundung
  • Ansprüche gehen bei Verlassen des Unternehmens vor Exit möglicherweise verloren
  • Beteiligungsgedanke und Mitarbeiterbindung weniger stark ausgeprägt als bei ESOPs

Wieso sind Mitarbeiterbeteiligungen gerade für Start-ups interessant?

Mitarbeiterbeteiligungen dienen dazu, die Attraktivität von Start-ups für potenzielle Bewerber zu steigern. Start-ups haben oft nicht die finanziellen Möglichkeiten, qualifizierte Mitarbeiter mit hohen Einstiegsgehältern anzulocken. Sie punkten stattdessen oft mit innovativen Ansätzen zur Work-Life-Balance, flachen Hierarchien, guten Aufstiegschancen und Beteiligungsmodellen. Bereits eingestellte Mitarbeiter kann man so zudem am Erfolg des Unternehmens teilhaben lassen. Das kann nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch die Bindung zum Arbeitgeber stärken. Finanzielle Verpflichtungen ergeben sich damit für das Start-up insb. bei ESOPs nur im zukünftigen Erfolgsfall.

 

Wie wird die Mitarbeiterbeteiligung versteuert?

Dass Mitarbeiterbeteiligungen trotz vieler Vorteile in Deutschland bislang eher wenig populär sind, liegt vor allem an ihrer Besteuerung. Bislang erfolgte bei ESOPs die Besteuerung in dem Moment, in dem der Mitarbeiter durch Ausübung der Option echte Unternehmensanteile erhält. Der Vorteil ist lohnsteuerpflichtig, ohne dass ein Liquiditätszufluss erfolgt (Besteuerung von dry income). Bei VSOPs erfolgt die Besteuerung bei Auszahlung (echter Liquiditätszufluss). In beiden Fällen liegt steuerlich Arbeitslohn vor, der dem persönlichen Steuersatz unterliegt. Lediglich 360 Euro pro Jahr waren bisher steuerfrei. Seit dem Herbst 2021 gelten einige Steuererleichterungen für ESOPs im deutschen Steuerrecht.

 

Steuererleichterungen für ESOPs seit 2021

Der Gesetzgeber hat in § 19a Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung vom 20.08.2021 einige Erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungen umgesetzt.

Voraussetzungen

  • Unternehmen ist nicht älter als zwölf Jahre
  • Jahresumsatz beträgt höchstens 50 Mio. Euro
  • Bilanzsumme beträgt höchstens 43 Mio. Euro
  • Mitarbeiterzahl ist höchstens 249

Für Start-ups stellen die Voraussetzungen des § 19a EStG damit aber in der Regel kein Problem dar.

Besteuerung verschieben

Sind die oben genannten  Voraussetzungen erfüllt, greifen folgende Erleichterungen: Mit Inkrafttreten des Fondsstandortgesetzes (FoStoG) wurde der Zeitpunkt der Besteuerung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Diese erfolgt nach § 19a EStG (neue Fassung) erst bei Erfüllung einer der folgenden Bedingungen:

  • Ganze oder teilweise Übertragung der Vermögensbeteiligung auf eine andere Person oder Einlage in ein Betriebsvermögen
  • Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  • Ablauf von zwölf Jahren nach Ausgabe der Anteile

Der Mitarbeiter kann die Besteuerung also bis zu zwölf Jahre verschieben. Das gilt allerdings nicht für die Sozialabgaben. Im Optimalfall erfolgt die Besteuerung daher erst bei Veräußerung der Beteiligung, wenn also ein echter Liquiditätszufluss vorliegt. Die Besteuerung von dry income wird so vermieden.

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Höherer Freibetrag

Zusätzlich wurde der Freibetrag für Mitarbeiterbeteiligungen, für die die Sonderregelung für Start-ups nicht angewendet wird, von 360 Euro auf 1.440 Euro pro Jahr angehoben. Erhält ein Mitarbeiter beispielsweise jedes Jahr Anteile im Wert von 2.000 Euro, unterliegen davon nur 560 Euro der Besteuerung. Auf den steuerfreien Betrag entfallen auch keine Sozialversicherungsbeiträge.

Diese Erleichterungen gelten auch, wenn die Anteile nur mittelbar gehalten werden. Das kann zum Beispiel beim Zwischenschalten einer Personengesellschaft der Fall sein. Der Vorteil für den Unternehmer ist in diesem Fall, dass keine notarielle Beurkundungen bei Personengesellschaften notwendig sind.

Bei VSOPs entfallen diese Erleichterungen. Hier erfolgt die Besteuerung jedoch ohnehin erst bei der Auszahlung und nicht bereits bei Ausgabe der Option.

 

Welche Form der Beteiligung ist für Start-ups am besten geeignet?

ESOPs haben gerade hinsichtlich des gestiegenen Freibetrages einen steuerlichen Vorteil. Im Gegensatz zu den einer Bonuszahlung ähnelnden VSOPs entsprechen sie zudem eher dem Idealbild einer Mitarbeiterbeteiligung. Für Mitarbeiter ist es somit insgesamt häufig das attraktivere Angebot.

Dennoch werden auch zukünftig vermutlich die virtuellen Beteiligungen das Maß aller Dinge bei Start-ups sein. Denn der Verwaltungsaufwand echter Beteiligungen dürfte sich nach wie vor als größtes Hindernis für Gründer darstellen. Das gilt, sofern es sich bei dem Unternehmen nicht um eine Personengesellschaft handelt oder die Beteiligungen nicht in eine solche „ausgegliedert“ werden.

Quelle: Bitkom Startup Report 2021, Bitkom e.V., Berlin, Oktober 2021, S.8


Autor: Julian Schlosser, Steuer- und Prüfungsassistent, 8P Partnerschaft mbB
Review: Gunnar Steffens, Steuerberater, 8P Partnerschaft mbB

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