Verdeckte Gewinnausschüttung: Das sollten Unternehmer wissen

Was gilt als verdeckte Zuwendung an die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft? Die deutsche Rechtslage zur verdeckten Gewinnausschüttung ist komplex. Wenn Sie Steuernachzahlungen und Bilanzkorrekturen vermeiden wollen, sollten Sie diese Antworten kennen.

 

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Was ist eine verdeckte Gewinnausschüttung?

Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) liegt dann vor, wenn eine Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter Zuwendungen zukommen lässt, die nicht der vereinbarten Gewinnverteilung entsprechen und die ein Außenstehender (Nichtgesellschafter) nicht erhalten würde. Das heißt, das Gesellschaftsverhältnis allein veranlasst diese Zuwendungen. Eine vGA bildet damit den Gegensatz zur offenen Gewinnausschüttung, die nach der Feststellung des Jahresabschlusses per Gewinnverteilungsbeschluss erfolgt.

Schnelle Fakten

Was gilt als vGA? verdeckte Kapitalabflüsse, die nicht regulär versteuert werden
Wer stellt vGA fest? Finanzbehörde
Wen betrifft vGA? KapG (GmbH, UG, AG) und deren (geschäftsführende) Gesellschafter, nahestehende Personen

Diese grobe Definition der vGA gibt noch wenig Aufschluss darüber, auf welche Fälle sie konkret zutrifft. Grundsätzlich sind damit alle Kapitalabflüsse an die Eigentümer der Gesellschaft gemeint, die das Einkommen bzw. Gewinne des Unternehmens schmälern – und dadurch auch die Steuern, die darauf entfallen. Gleichzeitig werden die entnommenen Gewinne häufig als steuerwirksame Betriebsausgaben deklariert. Stellt die Finanzbehörde also verdeckte Gewinnverwendungen fest, werden diese nachträglich besteuert.

Rechtliche Grundlage der verdeckten Gewinnausschüttung

Aus rechtlicher Sicht regelt das Körperschaftsteuergesetz den Grundsatz, dass verdeckte Kapitalausschüttungen keinen Einfluss auf die Besteuerung haben dürfen:

„Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.” (§ 8 Abs. 3 KSt S. 2-3)

Gleichzeitig regelt das Einkommensteuergesetz, dass verdeckte Ausschüttungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen und der Einkommensteuer unterliegen.

„Zu den sonstigen Bezügen gehören auch verdeckte Gewinnausschüttungen.” (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2)

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Wann liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor?

Den Einzelfall prüft immer das zuständige Finanzamt. Zusätzlich gibt es eine Liste von Fällen, über die bereits ein gerichtliches Urteil von einem Finanzgericht oder dem Bundesfinanzhof gefällt wurde. Im Fokus stehen dabei Gesellschafter und beherrschende Gesellschafter (Stimmrechte > 50 Prozent) und Gesellschafter-Geschäftsführer.

Beispiele einer verdeckten Gewinnausschüttung

  • Geschäftsführergehalt eines Gesellschafters in unangemessener Höhe
  • Vergütungen des Geschäftsführers in unangemessener Höhe oder Frequenz
    • Überstunden, Zuschläge für Nachtarbeit oder Arbeit an Sonn- und Feiertagen
    • Tantieme
    • Pensionszusagen
    • Sachbezüge (Handy, Laptop, Dienstwagen)
    • Rabatte
    • Boni
    • Sonstige Zulagen
  • Lieferungen und Leistungen an die Gesellschafter, die entweder keinerlei vertragliche Basis besitzen oder die vereinbarten Leistungen übersteigen (z. B. Handwerkerleistungen für private Immobilien, Getränkebestellung für eine private Geburtstagsfeier)
  • Ausschüttung von Einlagen an die Gesellschafter entgegen des Kapitalerhaltungsgrundsatzes
  • Darlehen 
    • von der Gesellschaft an Gesellschafter zinslos oder zu einem sehr kleinen Zinssatz
    • von einem Gesellschafter an die Gesellschaft zu einem übermäßig hohen Zinssatz
  • Wertpapiere und Wirtschaftsgüter:
    • Verkauf durch Gesellschafter an Gesellschaft zu einem zu hohen Preis
    • Verkauf durch Gesellschaft an Gesellschafter zu einem zu niedrigen Preis
  • Mietvertrag: Vermietung einer Immobilie im Besitz der Gesellschaft an die Gesellschafter zu einem zu niedrigen Preis (BFH, Urteil vom 27.07.2016, Az. I R 8/15; I R 12/15)
  • Privatentnahmen: Entnahme von Bargeld zu Privatzwecken oder Zahlung persönlicher Rechnungen vom Geschäftskonto (FG München, Urteil vom 25.05.2016, Az. 7 K 531/15)
  • Vorteilsgewährungen an dem Gesellschafter nahestehende Personen

 

Wie entscheidet das Finanzamt, ob eine vGA vorliegt?

Die Finanzbehörde oder das Gericht prüft zwei Tatbestandsmerkmale, um das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung zu prüfen.

  1. Auswirkung auf das Eigenkapital: Damit sind sowohl die Gewinnminderung als auch die Verhinderung einer Gewinnmehrung gemeint.
  2. Auswirkung auf Unterschiedsbetrag i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG: Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung ohne Einkommenskorrektur schmälern den zu versteuernden Gewinn. Falls die Zuwendung an den Gesellschafter keinerlei Auswirkung auf den Gewinn hat, der in der Bilanz ausgewiesen wird, muss auch keine Korrektur vorgenommen werden.

Bei Auffälligkeiten kann das Finanzamt eine Betriebsprüfung anordnen, bei der Ihre Bücher ganz genau betrachtet werden. Natürlich kann sich auch der Betriebsprüfer ankündigen, nachdem Ihr Unternehmen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurde. Auch wenn bis dato keine verdeckten Gewinnausschüttungen entdeckt wurden, ist es wahrscheinlich, dass dem Finanzbeamten fragwürdige Geschäftsvorfälle während der Prüfung auffallen.

Fremdvergleich

Zur Bewertung ist der Fremdvergleich entscheidend. Würde ein Angestellter, der gewissenhaft und ordentlich arbeitet, unter denselben Umständen die gleichen finanziellen Vorzüge erhalten? Bei Gehältern, geldwerten Vorteilen und sonstigen Zuwendungen werden häufig Daten vergleichbarer Unternehmen derselben Größe und Branche herangezogen.

Angemessenheit

Falls die Finanzbehörde einen Fremd- oder Drittvergleich unternimmt, findet eine ganzheitliche Betrachtung statt. Das heißt, sowohl das Gehalt als auch alle weiteren Zuwendungen und Vergünstigungen werden unter die Lupe genommen. Die Angemessenheit der gesamten Kapitalabflüsse gibt aus Sicht der Behörde Auskunft darüber, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung stattfand oder nicht. Lesen Sie hier mehr zur Prüfung der Angemessenheit des Geschäftsführergehalts.

 

Welche Rechtsfolgen betreffen die Gesellschaft?

Im Normalfall werden verdeckte Gewinnausschüttungen erst rückwirkend festgestellt. Rückwirkend wird nun das Einkommen außerhalb der Bilanz wieder erhöht, indem der Betrag als Gewinnverwendung hinzugerechnet wird. Die Bilanz des Unternehmens muss korrigiert werden und die zusätzliche Gewinnverwendung wird nun mit der Körperschaft- und Gewerbesteuer belastet. Erfahren Sie hier mehr zur Besteuerung von Gewinnen einer Kapitalgesellschaft.

Wie die weitere rückwirkende Besteuerung stattfindet, hängt von der Art der verdeckten Gewinnausschüttung ab. Dabei werden die folgenden Fälle unterschieden.

Gewinnminderung mit gleichzeitigem Kapitalabfluss

Ist der Gewinn bereits an den Gesellschafter geflossen, fällt die Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer an.

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Unentgeltliche Wertabgaben

Auf Lieferungen und Leistungen, die als vGA bewertet werden, muss außerdem die Umsatzsteuer erhoben werden.

Gewinnminderung mit späterem Kapitalabfluss

Wenn der Kapitalabfluss noch nicht stattgefunden hat, folgt der Kapitalertragsteuerabzug in der Zukunft. Ein Beispiel hierfür ist eine unangemessen hohe Pensionszusage, für die die Gesellschaft bereits Rückstellungen gebildet hat. Die Kapitalertragsteuer fällt erst im Veranlagungszeitraum an, in dem die Rückstellungen aufgelöst und an den Geschäftsführer ausbezahlt werden.

 

Welche Rechtsfolgen betreffen die Gesellschafter?

Wie bereits erwähnt, müssen Gesellschafter verdeckte Gewinnausschüttungen als Kapitaleinkünfte mit der Kapitalertragsteuer versteuern. Dabei ist zu prüfen, ob Sie das Teileinkünfteverfahren anwenden dürfen. Die verspätete Erklärung der Gewinnausschüttung ist unter zwei Voraussetzungen möglich:

  1. Gewinnausschüttung wurde bereits aufgedeckt
  2. Der betroffene Gesellschafter hat die Einkünfte nicht schon anderweitig erklärt (z. B. als Einkünfte aus nicht-selbständiger Arbeit).

Falls der Kapitalzufluss bereits erklärt wurde, muss eine Umqualifizierung der vGA als „Einkünfte aus Kapitalvermögen” stattfinden, um eine doppelte Besteuerung zu vermeiden. In Folge der Änderung muss der Einkommensteuerbescheid des Gesellschafters korrigiert werden. Gleichzeitig müssen Sie die betriebliche Steuererklärung des Unternehmens berichtigen. Je nach Art der vGA müssen gleich mehrere Bestandteile korrigiert werden:

  • Körperschaftsteuererklärung
  • Gewerbesteuererklärung
  • Umsatzsteuererklärung

 

Verdeckte Gewinnausschüttung vermeiden: Praxistipps

Damit Sie gar nicht erst in die unangenehme Situation geraten, verdeckte Gewinnausschüttungen rückwirkend aufzudecken und zu versteuern, sollten Sie für den Jahresabschluss mögliche Risiken prüfen.

Nahestehende Personen

Freunden und Familienmitgliedern möchte beinah jeder Unternehmer gerne Vergünstigungen verschaffen, aber genau so riskieren Sie Ärger wegen verdeckter Gewinnausschüttungen. Als nahestehende Personen gelten übrigens unter anderem:

  • Freunde und Bekannte
  • Ehepartner und Verwandte
  • Langjährige Geschäftskunden
  • Zukünftige Anteilseigner des Unternehmens

Angenommen Sie beschäftigen Ihren Cousin als Hausmeister in Ihrem mittelständischen Unternehmen und zahlen nur ihm ein Weihnachtsgeld von 1.000 Euro aus, dann schaffen Sie sich gleich zwei Probleme: Erstens sprechen der Verwandtschaftsgrad, die unangemessene Höhe des Betrags und die Benachteiligung der anderen Mitarbeiter allesamt für eine verdeckte Gewinnausschüttung. Zweitens handeln Sie entgegen der Vorgaben des Gleichbehandlungsgesetzes und riskieren Beschwerden und Schadensersatzklagen Ihres Personals.

Darlehen

Geld beim eigenen Unternehmen leihen – das ist erlaubt, allerdings nicht „für umme”. Sind die Zinsen zu niedrig angesetzt oder das Darlehen sogar zinslos, schaut das Finanzamt näher hin. Richtwert für die untere Grenze sind die banküblichen Habezinsen. Mehr zur Feststellung einer vGA bei Darlehensgewährung lesen Sie hier.

Rückwirkungsverbot

Ein Vorgang, der eine verdeckte Gewinnausschüttung ausgelöst hat, kann zwar rückgängig gemacht werden, aber die Rückabwicklung hat keinen Einfluss den Tatbestand der vGA (FG Nürnberg, Urteil vom 10.5.2017, Az. 3 K 1157/16).

Schriftliche Vereinbarungen

Sie möchten, dass Ihr eigenes Bauunternehmen Ihre Terrasse im Eigenheim saniert? Dann halten Sie dies schriftlich fest mit eindeutigen Formulierungen zu Leistungen und Verbindlichkeiten. Mündliche Verträge reichen nicht aus! Auch hier greift das Rückwirkungsverbot. Wurde die Leistung ohne Entlohnung erbracht, hilft auch eine nachträgliche Rechnung nichts mehr, die Sie Monate später begleichen. Die Finanzbehörde betrachtet diese Vergünstigung dennoch als vGA.

Mietverträge

Wenn die Kapitalgesellschaft als Vermieter für Immobilien auftritt, die vom Gesellschafter-Geschäftsführer gemietet werden, ist Vorsicht geboten. Der Bundesfinanzhof urteilte mehrfach, dass es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt – besonders eindeutig ist der Fall, wenn die Höhe der Miete nicht kostendeckend angesetzt wird (Az. I R 8/15, I R 12/15,  I R 71/15). Das Gericht begründet die Entscheidung damit, dass ein ordentlicher Geschäftsführer kein Interesse daran hegt, das Unternehmen durch Mietvergünstigungen finanziell zu schädigen.

Geschäftsführervertrag und Überstunden

Die Vergütungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers müssen ganzheitlich einem Drittvergleich standhalten. Damit ist anfallende „Mehrarbeit” bereits abgegolten. Der Bundesfinanzhof urteilte, dass ein Arbeitszeitkonto, über das Überstunden angesammelt und zu einem späteren Zeitpunkt abgefeiert werden können, nicht dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers entspricht (Urteil vom 11.11.2015, Az. I R 26/15). Werden Rückstellungen für Wertguthaben auf einem Geschäftsführer-Zeitkonto gebildet, so liegt eine vGA vor. Diese Rechtsprechung gilt auch, wenn mehrere Gesellschafter als Geschäftsführer tätig sind (Urteil des FG Rheinland-Pfalz, 21.12.2016, Az. 1 K 1381/14).

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