Inventur durchführen: So funktioniert’s

Die Inventur bildet die Grundlage und die Voraussetzung für die Erstellung der jährlichen Bilanz. Wie die Inventur optimalerweise geplant werden sollte, auf was Sie bei der Durchführung besonders achten müssen und welche unterschiedlichen Inventurverfahren und -arten es gibt, erfahren Sie hier.

 

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Inventur durchführen: Allgemeines und Hinweise

Der Begriff „Inventur“ (lat. invenire etwas finden; lat. inventarium Gesamtheit des Gefundenen) ist ein Begriff aus dem Rechnungswesen. Bei einer Inventur wird eine Inventarliste erstellt, welche die Grundlage für die Erstellung der jährlichen Bilanz darstellt. Bei der Inventur handelt es sich also um einen Vorgang, durch den der aktuelle Bestand von Vermögensgegenständen in einem Unternehmen festgestellt wird. Dabei sind zwei Werte entscheidend: Der Ist-Bestand und der Soll-Bestand. Der ermittelte Ist-Bestand aus der Inventur wird mit dem Soll-Bestand verglichen. Hierdurch können mögliche Differenzen aufgedeckt und die tatsächliche Vermögens- oder Schuldenlage eines Unternehmens festgestellt werden. Eine solche Bestandsaufnahme ist gemäß § 240 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) für jeden Kaufmann mindestens einmal im Jahr verpflichtend.

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Die Durchführung einer Jahresinventur ist die Grundvoraussetzung dafür, dass ein Unternehmen ordnungsgemäß Buch führen und eine Bilanz erstellen kann. Bei der Bestandsaufnahme können sowohl materielle als auch immaterielle Vermögensgegenständen erfasst werden, die sich im Anlage- und im Umlaufvermögen des Unternehmens befinden. Materielle und immaterielle Gegenstände werden durch wiegen, zählen oder messen ermittelt und auf Zähllisten vermerkt. Zu den immateriellen Gegenständen zählen beispielsweise Forderungen, Schulden, Firmenwerte, Rechte, Lizenzen, Patente oder auch andere Schutzrechte. Zu den materiellen Vermögenswerten zählen physisch greifbaren Gegenstände wie beispielsweise Fahrzeuge und Büroeinrichtungen. Gezählt wird die Stückzahl eines Produktes (z. B. Anzahl der Fahrzeuge im Fuhrpark eines Unternehmens), gemessen werden Liter oder Längen (bei Getränken oder Meterwaren wie Stoffen) und gewogen werden Gewichte (frische Lebensmittel wie Fleisch).

Damit eine Inventur ordnungsgemäß durchgeführt werden kann, müssen einige rechtliche Grundsätze beachtet werden:

  • Die Bestandsaufnahme muss vollständig sein (Bilanzwahrheit).
  • Die Bestandsaufnahme muss gemäß § 246 Abs. 1 HGB der Richtigkeit entsprechen.
  • Die Inventur muss gemäß § 252 HGB stetig erfolgen.
  • Die Einzelerfassung muss aus der Bestandsaufnahme eindeutig hervorgehen.
  • Die Bestandsaufnahme muss nachprüfbar sein (Bilanzklarheit).

Darüber hinaus sollten Sie bei der Inventur einige grundsätzliche Punkte bei der Vorgehensweise beachten. Hierzu zählen zum Beispiel Termin- und Personalplanung, Raum- und Ablaufplanung sowie eine detaillierte Dokumentation der vorzunehmenden Inventur.

 

Der Ablauf der Inventur

Damit eine Störung des alltäglichen Betriebsablaufs des Unternehmens vermieden werden kann, wird in die Inventur in der Regel nach Betriebsschluss durchgeführt. Je größer das Unternehmen und je umfangreicher der Warenbestand des Betriebs ist, desto mehr Zeit und Personal muss für die Inventur eingeplant werden. In diesen Fällen kann es auch dazu kommen, dass der Betrieb vorübergehend geschlossen werden muss. Bei großen Händlern ist es mittlerweile sogar üblich, dass Inventuren monatlich durchgeführt werden, damit die Zentrale stets einen Überblick über den Ist-Bestand der Waren in den einzelnen Filialen informiert ist.

Besteht zwischen Ist- und Soll-Bestand eine Differenz, muss diese ausgebucht werden und fließt in die Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens mit ein. Zu Fehlbeständen kann es beispielsweise kommen, wenn Waren falsch etikettiert wurden oder beim Transport zu Bruch gegangen sind. Mögliche Erklärungen sind auch Diebstahl oder technische Probleme wie eine defekte Kasse.

Der Ablauf einer Inventur sollte Schritt für Schritt geplant werden, damit diese reibungslos ablaufen kann.

Schritt 1: Termin festlegen

Legen Sie einen Termin für die Inventur fest. In der Regel wird eine Bestandsaufnahme am Ende eines Geschäftsjahres vorgenommen. Bei größeren Unternehmen kann es sinnvoll sein, bereits während des laufenden Geschäftsjahres stückweise Inventuren vorzunehmen, damit die Hauptinventur am Ende eines Jahres weniger aufwändig ist. Es ist auch möglich, verschiedene Methoden der Inventur (Stichtagsinventur, verlegte Inventur und permanente Inventur) miteinander zu kombinieren.

Schritt 2: Zeitplan erstellen

Damit die Inventur reibungslos abläuft und jeder Helfer weiß, wann er was zu tun hat, ist ein gut organisierter Zeitplan erforderlich. Machen Sie sich im Vorfeld einen Plan darüber, wie viel Zeit die Bestandsaufnahme in Anspruch nimmt. Überlegen Sie außerdem, ob der laufende Betrieb für die Dauer der Inventur unterbrochen werden sollte oder ob sie parallel zum Geschäftsbetrieb durchgeführt werden kann. Je nach Umfang und Dauer der Inventur muss der Betrieb eventuell vorübergehend geschlossen werden, da während der Inventur keine Bestandsveränderungen vorgenommen werden dürfen.

Schritt 3: Aufgabenverteilung für das Personal

Je größer ein Unternehmen und je umfangreicher der Bestand eines Betriebes ist, desto mehr Personal wird für die Durchführung der Inventur benötigt. Da bei einer Inventur in der Regel in Zweierteams gearbeitet wird (eine Person zählt, die zweite Person führt die Liste), sollten Sie genügend Personal einplanen. Zudem sollte es einen Inventurleiter oder Kontrolleur geben, der die Bestandsaufnahme überwacht und gegebenenfalls stichprobenartig die Bestandslisten der Mitarbeiter überprüft, um sicherzustellen, dass die Bestandsaufnahme korrekt abläuft.

Schritt 4: Inventur vorbereiten

Damit die Inventur ohne Verzögerung starten kann, sollten im Vorfeld einige organisatorische Details bereits vorbereitet werden. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Bereiten Sie alle Räumlichkeiten, in denen die Inventur stattfindet, entsprechend vor (zum Beispiel Lager, Produktions- und Verkaufsflächen aufräumen).
  • Fassen Sie gleiche oder ähnliche Bestände zugunsten der Übersichtlichkeit zu einer Warengruppe zusammen.
  • Lagern Sie defekte oder verdorbene Waren separat an einem Ort.
  • Bewahren Sie fremde Vorräte, wie Kommissionsware oder schon verkaufte Produkte, ebenfalls an einem separaten Ort auf.
  • Überprüfen Sie, ob alle Artikel korrekt gekennzeichnet und beschriftet sind.
  • Legen Sie für jede Ware im Bestand im Vorfeld ein Aufnahmeverfahren fest (wiegen, messen, zählen, etc.).
  • Stellen Sie sicher, dass genügend Arbeitsmaterial für die Inventurhelfer vorhanden ist. Hierzu zählen beispielsweise Taschenrechner, Notizblöcke, Stifte, Behälter, Maßbänder oder Zollstöcke, Inventurlisten, -protokolle und -formulare.

Schritt 5: Durchführung der Inventur

Damit bei der Inventur keine Ergebnisse verfälscht werden können, darf der Soll-Bestand des Unternehmens niemals an das Inventurpersonal kommuniziert werden. Idealerweise stimmt der ermittelte Ist-Bestand mit dem Soll-Bestand eines Unternehmens am Ende einer Inventur überein. Für die korrekte Durchführung einer Bestandsaufnahme sollten die Mitarbeiter folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Der Zähler eines Zweierteams nennt dem zweiten Teammitglied den Artikel, Artikelnummer, Alter, Menge und Preis der Ware. Der Schriftführer notiert diese Angaben in einer Liste und kennzeichnet die Waren, die bereits in die Inventurliste aufgenommen wurden. Wurde ein Warenbereich vollständig in die Inventurliste aufgenommen, wird die Kennzeichnung wieder entfernt.
  • Es wird immer von links nach rechts und von oben nach unten gezählt.
  • Verdorbene oder defekte Ware muss separat gelistet werden.
  • Bei Warenaufnahme durch messen oder wiegen werden die Werte auf- bzw. abgerundet.
  • Während der Inventur sollte stets ein Kontrolleur anwesend sein, der stichprobenartig die Listen der Zweierteams überprüft.
  • Auf den Inventurlisten müssen die Namen der entsprechenden Listenführer, der Name des Kontrolleurs und das Datum der Bestandsaufnahme notiert werden.

Schritt 6: Inventur abschließen

Sollten sich durch die Inventur Differenzen zwischen Ist- und Soll-Bestand ergeben, müssen diese entsprechend verbucht werden, damit die spätere Bilanz korrekt durchgeführt werden kann. Anschließend müssen alle Inventurdokumente ordentlich abgeheftet werden. Wie auch bei anderen wichtigen Unternehmensdokumenten, ist die Aufbewahrung aller Unterlagen für zehn Jahre gesetzlich vorgeschrieben.

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Die verschiedenen Inventurverfahren

Wird eine Inventur durchgeführt, muss zwischen drei verschiedenen Verfahren unterschieden werden. Die drei Inventurtypen befassen sich mit unterschiedlichen Vermögensgegenständen.

Die körperliche Inventur

Bei der körperlichen Inventur handelt es sich um die Bestandsaufnahme von materiellen Vermögensgegenständen, die durch zählen, wiegen oder messen ermittelt werden können. In einigen Fällen ist auch eine Schätzung des Warenbestandes erlaubt, wenn eine exakte Aufnahme nicht möglich ist.

Die Buchinventur

Hierbei werden alle Vermögensgegenstände eines Unternehmens erfasst, die immaterieller Natur sind. Es handelt sich also um eine rein wertmäßige Bestandsaufnahme. Hierzu zählen beispielsweise Vermögen und Schulden eines Betriebs wie Forderungen, Bankgutachten, Verbindlichkeiten, Patente, Rechte und Lizenzen.

Die Anlageninventur

Bei der Anlageninventur wird eine Bestandsaufnahme beweglicher materieller Vermögenswerte eines Unternehmens durchgeführt. Hierzu zählen zum Beispiel Fuhrparks, Maschinen sowie Betriebs- und Geschäftsausstattungen. Jeder Vermögensgegenstand muss im Anlagenverzeichnis einzeln mit einer entsprechenden Anlagenkarte vermerkt sein. Eine solche Anlagenkarte muss detaillierte Informationen über den Gegenstand enthalten, wie beispielsweise:

  • Exakte Bezeichnung des Vermögensgegenstandes
  • Bilanzwert des Gegenstands am Bilanzstichtag
  • Datum der Anschaffung
  • Kosten der Anschaffung
  • Nutzungsdauer
  • Höhe der jährlichen Abschreibung

 

Die Arten der Inventur

Neben verschiedenen Inventurverfahren gibt es auch unterschiedliche Arten der Durchführung der Inventur:

Die Stichtagsinventur

Bei der Stichtagsinventur wird die Bestandsaufnahme zu einem festgelegten Bilanzstichtag durchgeführt. Da bei dieser Art der Inventur Zeitdruck besteht, die Durchführung aber in der Regel mit hohem zeitlichen Aufwand verbunden ist, muss auch entsprechend viel Personal für die Durchführung eingeplant werden. Diese Art der Inventur ist daher nur für kleinere Betriebe mit einem wenig umfangreichen Warenbestand empfehlenswert.

Die Stichprobeninventur

Bei einer Stichprobeninventur wird nicht der gesamte Bestand ermittelt, sondern die Inventur erfolgt nur stichprobenartig. Die Stichproben werden sorgfältig nach bestimmten Kriterien ausgewählt und müssen anschließend auf den Gesamtbestand mit Hilfe von anerkannten mathematisch-statistischen Verfahren für den Gesamtbestand hochgerechnet werden. Das Ergebnis darf hierbei nur ein Prozent vom Soll-Bestand abweichen. Diese Art der Inventur muss zuvor beim Finanzamt beantragt und von selbigem genehmigt werden. In der Regel wird diese Vorgehensweise nur bei großen Unternehmen angewandt, die eine EDV-Verwaltung haben und deren Warenbestand sehr umfangreich ist.

Die permanente Inventur

Die Bestandsaufnahme erfolgt hier über ein ganzes Geschäftsjahr verteilt (beispielsweise monatlich oder einmal im Quartal). Voraussetzung für die Anwendung dieses Inventurverfahrens ist die Führung eines Lagerbuches sowie Listen, durch welche alle Zu- und Abgänge ersichtlich und nachprüfbar werden. Gemäß § 241 Abs. 2 HGB kann eine permanente Inventur bei allen Vermögensgegenständen durchgeführt werden. Von dieser Art der Inventur sind jedoch alle Wertgegenstände ausgeschlossen, deren Abgang unkontrollierbarer Natur ist (beispielsweise Verdunstung, Verderb, Zerbrechlichkeit, etc.).

Mindestens einmal im Jahr muss zusätzlich zur permanenten Inventur eine Hauptinventur durchgeführt werden, bei welcher der tatsächliche Ist-Bestand ermittelt und mit dem Soll-Bestand verglichen wird. Durch die regelmäßige Kontrolle des Ist-Bestandes ist dieses Verfahren besonders für große Unternehmen mit einem umfangreichen Warenbestand geeignet.

Die vor- und nachverlegte Stichtagsinventur

Diese Art der Inventur kann zum Einsatz kommen, wenn eine Bestandsaufnahme zum Zeitpunkt des Bilanzstichtages für das Unternehmen nicht realisierbar ist (beispielsweise, weil der Warenbestand zu umfangreich ist) oder wenn eine permanente Inventur aufgrund fehlender Voraussetzungen nicht durchgeführt werden kann.

Die Inventur muss bei diesem Verfahren innerhalb der letzten drei Monate vor oder der ersten zwei Monate nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden (§ 241 Abs. 3 Nr. 1 HGB).

 

Inventur: Gesetzliche Vorschriften

Der Inventur liegen einige gesetzliche Bestimmungen zugrunde. Eine Inventur muss zum Beispiel mindestens einmal im Jahr von allen Kaufleuten, die zur doppelten Buchführung verpflichtet sind, durchgeführt werden. Bei der Bestandsaufnahme muss der gesamte Warenbestand eines Unternehmens ermittelt und mit dem Soll-Bestand verglichen werden. Die Inventur muss zum Bilanzstichtag erfolgen (in der Regel ist dies der 31.12. eines Kalenderjahres). Darüber hinaus muss eine Inventur bei jeder Geschäftseröffnung, -schließung und -übernahme durchgeführt werden (§ 240 HGB).

 

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