Arbeitszeitbetrug nachweisen: Tipps für Arbeitgeber

Ein paar private Telefonate, ein Ausflug zu Netflix am Arbeitsplatz oder heimlich früher Feierabend machen – Arbeitszeitbetrug des Personals kann viele Facetten haben und lässt sich häufig nur schwer nachweisen. Was Sie als Arbeitgeber tun können, erfahren Sie hier.

 

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Was bedeutet Arbeitszeitbetrug?

Im Arbeitsvertrag ist in der Regel vorgesehen, für welche Tätigkeit der Arbeitnehmer eingesetzt wird. Verbringen Ihre Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen die Arbeitszeit stattdessen mit der Erledigung privater Angelegenheiten, stellt dies einen Betrug gegenüber dem Arbeitgeber dar.

Noch schwerwiegender sind Fälle, bei denen der Arbeitnehmer zu spät am Arbeitsplatz erscheint oder sich früher in den Feierabend verabschiedet, als sich aus seiner Zeiterfassung ergibt. In all diesen Fällen liegt Arbeitszeitbetrug vor.

Falsche Erfassung der geleisteten Arbeitszeit

Hierbei können unterschiedliche Verstöße unterschieden werden:

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Private Tätigkeiten während der Arbeitszeit

In diesen Szenarien befindet sich der Arbeitnehmer zwar am Arbeitsplatz, geht dort aber anderen Tätigkeiten nach. Darunter fallen zum Beispiel:

Diese Liste privater Tätigkeiten am Arbeitsplatz lässt sich problemlos fortführen. Einzelne Verstöße dieser Art sind in der Regel keine Kündigungsgründe, doch lassen sich Privatgespräche und Privatchats beispielsweise eingrenzen  durch ein Handyverbot am Arbeitsplatz zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Räumlichkeiten wie dem Pausenraum. Ausnahmen für Notfälle sollten jedoch immer möglich sein. Insbesondere bei schweren familiären Krisen sollte der Arbeitgeber Kulanz zeigen, wenn der Angestellte mehrfach private Telefonate tätigt.

 

Schaden durch Arbeitszeitbetrug

Für Arbeitgeber entstehen durch den wiederholten Arbeitszeitbetrug zwei Probleme: Zum einen erbringt der Mitarbeiter in der bezahlten Zeit keine Arbeitsleistung. Dadurch entsteht ein finanzieller Schaden.

Zum zweiten schadet der Arbeitnehmer durch sein schlechtes Beispiel: Oft registrieren andere Kollegen und Kolleginnen das Fehlverhalten bereits vor der Chefetage. Eine fehlende Ahndung der Verstöße kann dazu führen, dass weitere Mitarbeiter dazu verleitet werden, ebenfalls Regeln zu brechen. Deshalb ist es wichtig, bei einem solchen Verhalten möglichst rasch einzuschreiten.

 

Vorgehen gegen Arbeitszeitbetrug

Nicht jeder Arbeitszeitbetrug ist abmahnwürdig oder rechtfertigt gar eine Kündigung. Der entscheidende Punkt bei der Bewertung ist, dass Sie den Arbeitszeitbetrug im Streitfall nachweisen können. Dabei können sich Schwierigkeiten in Bezug auf die Beweisführung ergeben.

Diese Hürde sollten Sie immer im Hinterkopf behalten, wenn es um die Frage geht, wie Sie auf einen Arbeitszeitbetrug reagieren. Klären Sie zuerst, um welche Art des Betrugs es sich handelt (siehe oben) und ob Sie konkret beweisen können, wann, wie und in welchem Umfang die Vereinbarungen zur Arbeitszeit verletzt wurden. Sofern sich ein Arbeitszeitbetrug nachweisen lässt, haben Sie mehrere Möglichkeiten, zu reagieren.

Abmahnung erteilen

Eine Abmahnung ist eine angebrachte Konsequenz, wenn Sie eine Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer wiederholt bei betriebsfremden Tätigkeiten erwischen. Auch Zuspätkommer können abgemahnt werden.

In besonders schweren Fällen bewertet das deutsche Recht einen Arbeitszeitbetrug nicht nur als Vertragsverletzung, sondern auch als Straftat. Wurde zum Beispiel das interne Zeiterfassungssystem manipuliert, ist eine Abmahnung keine ausreichende Reaktion.

Kündigung aussprechen

Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung erzeugt immer ein Risiko für eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage des entlassenen Mitarbeiters. Wenn Sie sich dennoch für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses entscheiden, stellt sich folgende Frage: Möchten Sie ordnungsgemäß oder fristlos kündigen? Auch hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.

Fristlose Kündigung ohne Abmahnung

Je schwerer der Vertrauensbruch wiegt, desto eher dürfte eine fristlose Kündigung auch vor dem Arbeitsgericht standhalten. Sofern eine Stechuhr manipuliert wurde und sich dieser Arbeitszeitbetrug nachweisen lässt, haben Sie gute Chancen, die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung aufrecht zu erhalten.

Ordentliche Kündigung

Die Ausgangssituation wäre völlig anders, wenn ein Arbeitgeber auf private Telefonate am Arbeitsplatz mit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung reagiert. Hier würden viele Gerichte die Entlassung ohne vorherige Abmahnung vermutlich als zu heftige Reaktion bewerten. Doch auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Wird das Telefon am Arbeitsplatz beispielsweise dafür verwendet, für einen anderen Arbeitgeber zu arbeiten, stellt dies einen schweren Vertrauensbruch dar.

Strafen gründlich abwägen: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Die Richtschnur der Arbeitsgerichte ist, dass Sie als Arbeitgeber immer das mildeste Mittel zu wählen haben, das das Problem löst. Eine sofortige Kündigung sollten Sie deshalb nur dann ins Auge fassen, wenn Sie nicht nur den Arbeitszeitbetrug nachweisen können, sondern außerdem darlegen können, warum eine Abmahnung nicht genügt hätte, um das Problem für die Zukunft abzustellen.

Bei der Beurteilung derartiger Fälle sind für die Arbeitsgerichte folgende Aspekte von besonderer Bedeutung:

  • Länge der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter des Arbeitnehmers
  • Unterhaltspflichten
  • Grad des Verschuldens
  • Tatsächlicher wirtschaftlicher Schaden
  • Schwere des Vertrauensverlustes
  • Zeitdauer der Pflichtverletzung
  • Dauer des störungsfreien Verlaufes des Arbeitsverhältnisses
  • Größe der Wiederholungsgefahr
  • Eventuelles Mitverschulden durch unklare Regelungen

Diese Liste ist nicht abschließend. Falls einzelne Kriterien zutreffen, führt dies nicht gleich zur Unwirksamkeit der Kündigung. Stattdessen ist die Gesamtsicht des Einzelfalls immer entscheidend bei der Bewertung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des betrügenden Arbeitnehmers zumutbar ist. In falsch eingetragenen Arbeitszeiten sehen die Gerichte teilweise auch bei geringen Verstößen von unter einer Stunde einen Kündigungsgrund (Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 27.8.2008, Az: 7 Ca 10063/07).

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Arbeitszeitbetrug nachweisen

Unabhängig davon, ob Sie sich für eine Abmahnung oder eine Kündigung entscheiden, müssen Sie in jedem Fall den Arbeitszeitbetrug nachweisen können. Denn jedem Arbeitnehmer steht es frei, gegen die Kündigung eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Bei einer Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug handelt es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung. Für das behauptete vertragswidrige Verhalten des Angestellten müssen Sie Beweise vorlegen.

Beweismittel für Arbeitszeitbetrug

Ausschlaggebend sind bei Fällen rund um Arbeitszeitbetrug meist Zeugen und Urkunden. Sofern ein Betrug vorliegt, bedarf es für dessen Nachweis in der Regel keines Sachverständigen. Eine mögliche Ausnahme wäre die Manipulation eines digitalen Zeiterfassungssystems.

Urkunden

Urkunde ist im Strafrecht der Sammelbegriff für alle Arten von Dokumenten und Aufnahmen, mit denen sich der Wahrheitsgehalt von Behauptungen beweisen lässt. Sofern es sich um falsch ausgefüllte Zeiterfassungsbögen handelt, müssen Sie diese bei Gericht vorlegen. Darüber hinaus brauchen Sie einen Nachweis dafür, dass der Arbeitnehmer tatsächlich später zur Arbeit erschienen ist oder dass er sich früher in den Feierabend verabschiedet hat. Im günstigsten Fall haben Sie hierfür Zeugen, die das Fehlverhalten bestätigen können.

Beachten Sie aber unbedingt, dass Sie die Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte Ihrer Mitarbeiter trotz Betrugsverdachts nicht missachten dürfen.

Zeugenaussagen

Augenzeugen dienen in Verfahren zum Zeitbetrug als wichtigste Beweisquelle. Obwohl viele Klagen außergerichtlich geregelt werden, haben Zeugen, die Ihre Aussagen stützen, in der Regel mehr Gewicht als bloße Dokumente. Kommt es doch zu einem Prozess, ist die Befragung von Zeugen ein zentraler Bestandteil des Gerichtsverfahrens.

Privatermittler beauftragen

Je nachdem wie dringend Sie die betrügerische Arbeitskraft entlassen möchten, kann es sinnvoll sein, eine Detektei damit zu beauftragen, die Einhaltung der Arbeitszeiten durch den Mitarbeiter überprüfen zu lassen. Natürlich verursacht die Beauftragung eines Detektivs Kosten. Diese relativieren sich allerdings dann, wenn Sie die Kosten eines erfolglosen Verfahrens vor dem Arbeitsgericht gegenrechnen.

Nicht jedes Beweismittel wird zugelassen

Manche Formen der Beweisführung erweisen sich vor den Arbeitsgerichten als schwierig, beispielsweise der Einsatz von Überwachungskameras mit Blickfeld auf ein zentrales Zeiterfassungssystem. Hierfür benötigen Sie in jedem Fall die Einwilligung des Betriebsrats. Weiterhin gibt es eine Reihe von datenschutzrechtlichen Auflagen über die Dauer der Speicherung etc. Sofern die Aufnahmen nicht zulässig waren, werden sie auch als Beweismittel vom Gericht nicht zugelassen.

 

Risiken beim Vorgehen gegen den Betrüger

Einen Arbeitszeitbetrug aufzuspüren und vor Gericht zu beweisen, geht auch immer mit Risiken einher.

Verletzung der Persönlichkeitsrechte und Datenschutz

Ähnlich verhält es sich dann, wenn Arbeitgeber einem Arbeitnehmer vor Gericht nachweisen wollen, dass dieser während der Arbeitszeit privaten Beschäftigungen nachgegangen ist. Wenn Sie Software installieren, um den Arbeitszeitbetrug nachweisen zu können, bewegen Sie sich rechtlich auf äußerst dünnem Eis. Je umfangreicher das Programm die Tätigkeiten am PC überwacht, desto geringer sind die Chancen auf Zulassung als Beweismittel. Bei einer Videoüberwachung oder der Kontrolle sämtlicher Eingaben per Tastatur dürften die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen zu stark verletzt sein, als dass die Daten als Beweismittel zugelassen werden könnten.

Anders sieht es aus, wenn der Verlauf im Browser mit den Pausenzeiten abgeglichen wird. Wenn sich auf diese Weise eine ständige private Nutzung des Internets nachweisen lässt, spricht viel dafür, dass eine Kündigung auch vor dem Arbeitsgericht Bestand hat.

Hier gilt es abzuwägen. Einerseits haben Arbeitgeber nach § 32 Abs. 1 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) durchaus das Recht, persönliche Daten zu erheben, die dem Nachweis einer Straftat dienen. Eine solche ist auch der Arbeitszeitbetrug, da es sich um eine Form des Betrugs nach § 263 StGB handelt. Andererseits wird es immer dann problematisch, wenn die Überwachung in den höchst persönlichen Bereich hinein geht, wie dies etwa bei heimlichen Videoaufnahmen der Fall ist. Deshalb sollten Sie sich möglichst vor jeder Maßnahme rechtlich absichern und im Zweifel Rat bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht einholen.

Geschädigtes Betriebsklima

Wenn einzelne Mitarbeiter dauerhaft ungestraft die Regeln brechen, hat dies häufig einen Welleneffekt wie bei einem Stein, der in den Teich fällt. Das Gefühl, dass Ungerechtigkeit und Willkür herrscht, kommt schnell auf und kann nur durch eine passende Reaktion der Vorgesetzten umgekehrt werden. Eine zu harsche Reaktion kann allerdings dazu führen, dass der Ärger über den Kollegen sich auf den Arbeitgeber überträgt. Das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihren restlichen Mitarbeitern sollten Sie deshalb bei außergewöhnlichen Maßnahmen stets im Hinterkopf behalten.

Hinsichtlich des Betriebsfriedens ist es außerdem nicht ratsam, die eigenen Angestellten als Zeugen aufzurufen. Diese könnten hierdurch von anderen Mitarbeitern als Spitzel der Geschäftsführung abgestempelt werden.

 

Sonderfall: Verdachtskündigung

Wie Sie sehen, lassen sich für den Arbeitszeitbetrug oft nur schwer Beweise finden, die vor Gericht stand halten. Es besteht jedoch die Möglichkeit einer so genannten Verdachtskündigung. Wie der Begriff schon verrät, wird dem Arbeitnehmer hier auf einen Verdacht hin gekündigt. Für diesen müssen jedoch klare Hinweise sprechen. Diese müssen so eindeutig sein, dass sie jeden Arbeitgeber alarmieren würden. Die Kündigung kann in einem solchen Fall nicht sofort ausgesprochen werden. Vielmehr ist es nötig, dass der Betroffene Arbeitnehmer mit dem Verdacht konfrontiert wird. Sofern der Arbeitnehmer entkräftende Erklärungen abgibt, muss gegebenenfalls erneut ermittelt werden und eine weitere Anhörung stattfinden.

Von diesem extremen Mittel sollten Sie aus nahe liegenden Gründen nur Gebrauch machen, wenn der Sachverhalt eindeutig ist. Trotz der beschriebenen Risiken bietet diese Vorgehensweise unter Umständen Vorteile. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich andere Mitarbeiter über den ständig unpünktlichen Arbeitnehmer beschweren, der seine Stundenzettel fälscht. Zum einen kann dann die Androhung der Kündigung möglicherweise zu einem Umdenken führen. Zum anderen können Sie den anderen Mitarbeitern gegenüber zeigen, dass Sie das Verhalten nicht tolerieren.

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