Zusammenfassung
Überstunden sind Arbeitszeiten, die über die vertraglich vereinbarte Dauer hinausgehen. Laut Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer maximal 8 Stunden pro Werktag arbeiten, eine Verlängerung auf 10 Stunden ist möglich, wenn innerhalb von 6 Monaten ein Ausgleich erfolgt. Die Anordnung von Überstunden muss im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt sein. Für die Vergütung ist eine klare Vereinbarung notwendig; ohne diese besteht kein automatischer Anspruch auf Bezahlung oder Freizeitausgleich.
Arbeitsrecht: Das sagt das Arbeitszeitgesetz zu Überstunden
Grundsätzlich sind im Arbeitszeitgesetz alle Regelungen rund um die Arbeitszeit gelistet. Dazu zählen die tägliche Höchstarbeitszeit, die Pausenregelungen, die Sonn- und Feiertagsruhe und vieles mehr. Eine explizite Passage zu Überstunden existiert darin nur indirekt. Im Arbeitszeitgesetz ist die Arbeitszeit durch § 3 auf acht Stunden pro Werktag begrenzt, kann aber auf zehn Stunden erweitert werden, wenn als Tagesdurchschnitt innerhalb von sechs Monaten die acht Stunden nicht überschritten werden. In diesem Paragrafen ist die Pflicht zum Abbauen von Überstunden im Grunde festgehalten, da nur so ein Durchschnitt von acht Stunden erreicht werden kann. Lesen Sie hier mehr zur Arbeitszeitregelungen für bestimmte Berufsgruppen.
Die Vergütung von Überstunden ist bislang gesetzlich nicht geregelt, wobei es hierzu Urteile gibt, die unten näher erläutert werden. Kommt es zu einem Streitfall zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, werden nur selten die Regelungen des Arbeitsgesetzes herangezogen, da der Umgang mit Überstundenarbeit meist in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen klar und deutlich geregelt ist.
Darf ein Arbeitgeber Mehrarbeit anordnen?
Nein. Die genaue Arbeitszeit ist im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag geregelt. Hält sich ein Arbeitnehmer an diese Vereinbarung, erfüllt er seine Pflicht. Ordnet ein Arbeitgeber an, dass ein Mitarbeiter mehr arbeitet, als er vertraglich muss, überschreitet der Arbeitgeber sein Weisungsrecht. Es besteht natürlich die Möglichkeit, Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis um die Verrichtung von Überstunden zu bitten, doch eine Pflicht, dieser Bitte nachzukommen, besteht nicht. Wie so häufig kann dies in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder dem Arbeitsvertrag abweichend geregelt sein. Eine Ausnahme gilt jedoch in Notsituationen: Sollte ein Unternehmen in einer Notlage stecken, dürfen Arbeitnehmer zu Überstunden verpflichtet werden.
Eine betriebliche Notlage liegt beispielsweise in folgenden Fällen vor:
- Überschwemmung
- Brand
- Erdbeben
- Terroristischer Anschlag
- Serverausfall
- Krankheitswelle (extremer Ausmaße)
- Produktionsengpass (insolvenzbedrohend)
Hat ein Mitarbeiter seinerseits einen wichtigen Grund, Überstunden in einer betrieblichen Notsituation abzulehnen (z. B. Abholen eines Kindes von der Betreuung), darf er die Verpflichtung wiederum ablehnen.
Tipp für Arbeitgeber: Eine genaue Dokumentation der jeweiligen Notsituation ist empfehlenswert, um bei eventuellen Klagen entsprechende Beweise vorlegen zu können.
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Muss ein Arbeitgeber freiwillige Mehrarbeit dulden?
Wie bereits erwähnt, darf ein Arbeitgeber keine Überstunden anordnen. Doch wie sieht es beim umgekehrten Fall aus: Muss der Arbeitgeber Überstunden dulden, wenn ein Mitarbeiter gerne länger arbeitet? Wie häufig im Arbeitsrecht hat auch hier der Arbeitnehmer die bessere Position. Ab dem Zeitpunkt, an dem ein Arbeitgeber von der Überstundenarbeit erfährt, duldet er diese und muss dafür sorgen, dass sie entsprechend ausgeglichen wird. Eine Duldung ist bereits dann erfolgt, wenn dies auf der Stempeluhr dokumentiert wurde oder wenigstens ein Vorgesetzter des in Kenntnis der längeren Arbeitszeit war. Um eine Duldung zu verhindern, reicht es nicht aus, dem Mitarbeiter die längere Arbeitszeit zu verbieten. Hier müssen Arbeitgeber für eine dokumentierte Verbesserung im Arbeitsablauf sorgen, sodass kein Arbeitnehmer sich darauf berufen kann, er hätte betriebsbedingt länger arbeiten müssen.
Überstunden auszahlen oder Freizeitausgleich?
Sind Überstunden geleistet, müssen diese ausgeglichen werden. Zwar hat der Gesetzgeber keine spezifische Regelung festgehalten, doch bestehen hierzu zahlreiche Urteile. Außerdem werden Sie in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen häufig eine Regelung zur Vergütung von Überstundenarbeit finden. Möglich ist dabei eine Vergütung oder ein Abbau der geleisteten Zeit.
Vergütung von Überstunden
Auch wenn der Arbeitsvertrag keine Regelung zur Vergütung von Überstunden enthält, sind Arbeitgeber nicht von einer Zahlung befreit. Verlangt ein Mitarbeiter die Auszahlung von Überstunden, so kann er sich auf entsprechende Urteile nach § 612 BGB berufen. Darin ist unter anderem festgelegt, dass eine Vergütung von Überstunden immer dann vom Arbeitgeber als stillschweigend hingenommen wird, wenn die Arbeit im Normalfall nur gegen Vergütung vorgenommen wird. Ein Anspruch auf Vergütung muss innerhalb von drei Jahren wahrgenommen werden (ggf. abweichende Frist im Arbeits- oder Tarifvertrag von mindestens drei Monaten). Die Höhe der Vergütung richtet sich stets nach dem Grundgehalt des Mitarbeiters. Ein Recht auf Zuschläge zum Normallohn ist vom Gesetzgeber hier nicht vorgesehen. So urteile auch das Landesgericht Hamm, als eine Pflegedienstmitarbeiterin die Vergütung von über 500 Überstunden einklagte.
Freizeitausgleich bei Überstunden
Soll die geleistete Überstundenzeit abgebaut werden, müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer das Recht auf Auszahlung und kann den Abbau ablehnen, wenn dies nicht anders im Tarif- oder Arbeitsvertrag geregelt ist. Das heißt, es entsteht kein zusätzlicher Urlaubsanspruch über die vertraglich festgelegten Tage hinaus. Wird ein Arbeitnehmer während des Abbaus der Überstunden krank, so ist dies sein Risiko. Anders als beim Urlaub muss ein Überstundenabbau nicht wiederholt werden.
Überstundenverwaltung durch Gleitzeitkonto
Sollten Sie zwingend auf zusätzlich geleistete Arbeit angewiesen sein, bietet sich zur Verwaltung und Transparenz ein Gleitzeitkonto an. Dies hat den Vorteil, dass in weniger starken Monaten Stunden abgebaut werden können, während die Mitarbeiter in starken Monaten unter Einhaltung der Gesetze mehr arbeiten können. Sie können so auf saisonale Schwankungen besser reagieren und die zusätzlichen Stunden einplanen.
Wie viel Mehrarbeit im Monat ist erlaubt?
Ein Arbeitnehmer darf laut Arbeitszeitgesetz täglich acht Stunden arbeiten, wobei hier alle Werktage inkl. Samstag gemeint sind. Hieraus ergeben sich 48 Stunden pro Woche. Kurzfristig darf die Arbeitszeit auf 60 Stunden in der Woche ausgeweitet werden, wenn innerhalb von sechs Monaten für Ausgleich gesorgt wird. Bei einer klassischen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche dürfen Ihre Mitarbeiter also wöchentlich 20 Überstunden leisten, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen. Monatlich können also Im Extremfall 80 Überstunden erarbeitet werden.
Kann ein Arbeitnehmer Überstunden verfallen lassen?
Ja, denn Überstunden haben ein Ablaufdatum. Entgegen der verbreiteten Annahme liegt dieses Datum jedoch nicht in naher Zukunft. Im Normalfall ist die Verjährung von Überstundenzeiten über Ausschlussfristen im Tarif- oder Arbeitsvertrag klar geregelt, wobei Klauseln von unter drei Monaten nicht rechtsgültig sind. Ist in keinem Vertrag eine Ausschlussfrist festgelegt, so hat der Arbeitnehmer ein Recht auf die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB. Überstunden verfallen laut diesem Paragrafen nach drei Jahren, wobei die Frist erst zum Ende des jeweiligen Jahres beginnt. Werden die Überstunden nicht innerhalb der jeweiligen Frist vom Arbeitnehmer geltend gemacht, verfallen sie unwiderruflich.
Wann werden Überstunden „mit dem Gehalt abgegolten”?
In einigen Arbeitsverträgen findet sich die Klausel „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten.” Eine solche Klausel ist nach aktueller Rechtsprechung ungültig. Hierzu gab es bereits 2010 ein Urteil durch das Bundesarbeitsgericht, worauf sich bis heute bezogen werden kann (Az. 5 AZR 517/09). Ausgenommen von dieser Regelung sind „Besserverdiener” (d. h. Arbeitnehmer, deren Gehalt die jährliche Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet) und Arbeitnehmer, die „höherwertige Dienste” verrichten (z. B. Ärzte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Architekten).
Überstundenregelung: Einbeziehung von Betriebsrat
Sollte ein Unternehmen einen Betriebsrat haben, ist dieser vom Arbeitgeber stets über das Thema Mehrarbeit zu unterrichten. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG unterliegt die Anordnung von Mehrarbeit außerdem der Mitbestimmung durch den Betriebsrat. Hierbei müssen Umfang, Dauer und Zeitpunkt der Zusatzstunden abgestimmt werden. Wenn der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert, dürfen keine Überstunden angeordnet werden. Auch für den Fall, dass Arbeitnehmer freiwillig länger arbeiten wollen, ist der Betriebsrat einzuschalten.
Mehrarbeit: Gesetzliche Regelung bei schutzwürdigen Mitarbeitern
Neben den bereits genannten grundlegenden Gesetzen gibt es außerdem Gesetze, die nur für bestimmte Mitarbeitergruppen gelten. Für Jugendliche beispielsweise sind Überstunden komplett untersagt (§ 8 JarbSchg). Sollte es im absoluten Notfall dennoch dazu kommen, müssen die Zeiten innerhalb von drei Wochen ausgeglichen werden (§ 21 JarbSchg). Auch für werdende Mütter gilt ein Überstundenverbot (§ 4 MuSchG). Mitarbeiter, die unter das Schwerbehindertengesetz fallen, können sich vor jeglichen Überstunden bewahren, indem sie dem Unternehmen schriftlich mitteilen, dass sie keine Überstunden machen möchten (§ 207 SGB IX). Danach gilt für sie ein Verbot jeglicher Mehrarbeit.
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Umgang mit Überstunden bei Kündigung
Häufig kommen Streitigkeiten zum Thema Überstunden nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf. In einem solchen Fall sitzen beide Seiten nicht mehr in einem Boot, was die Fronten verhärten kann. Grundsätzlich gilt, dass die Regelungen aus dem Arbeitsvertrag noch immer gelten. Wurden keine vertraglichen Vereinbarungen getroffen, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich ein Recht auf den Ausgleich geleisteter Überstunden. Bei einer fristlosen Kündigung bleibt nur die Auszahlung der Stunden. Verbleibt ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung noch im Unternehmen, hat dieser die Wahl zwischen einer Ausbezahlung oder dem vorzeitigen Verlassen des Unternehmens durch Abbau der Stunden. Davon abgesehen gibt es die sogenannte Ausgleichsquittung. Wenn der Arbeitnehmer diese Quittung unterschreibt, verzichtet er auf den Ausgleich geleisteter Überstundenzeit.
Wie viele Überstunden sind zulässig bei Teilzeit?
Bei Teilzeitarbeit dürfen vom Arbeitgeber keine Überstunden angeordnet werden, da dies gegen den Grundsatz der geringeren Arbeitszeit verstoßen würde. Einzige Ausnahmen sind auch hier Notsituationen im Unternehmen. Stattdessen können Arbeitgeber und Arbeitnehmer individuell zusätzliche Arbeitszeit vereinbaren.
Vorsicht: Arbeitet eine Teilzeitkraft über Monate hinweg mehr, als sie soll und erreicht damit die Stunden einer Vollzeitkraft, stimmt der Arbeitgeber stillschweigend einer Vertragsänderung zu. Der Mitarbeiter hat dann im Anschluss das Recht auf eine Vollzeitstelle, wenn er dies von Ihnen verlangt, wie auch diesem Urteil ersichtlich wird.
FAQs zu Überstunden
Muss ein Arbeitnehmer die Anordnung von Mehrarbeit akzeptieren?
Nein, außer dies ist im Tarif- oder Arbeitsvertrag geregelt. Arbeitgeber haben die Möglichkeit, ihre Arbeitnehmer um zusätzliche Stunden zu bitten, ein Anrecht darauf haben sie jedoch nicht. Eine Ausnahme bildet die betriebliche Notsituation.
Wie viele Überstunden sind erlaubt?
Das Arbeitszeitgesetz erlaubt 10 Stunden Arbeit pro Tag an sechs Werktagen, was 60 Stunden in der Woche entspricht. Sollte ein Vertrag eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden enthalten, dürfen Arbeitnehmer maximal 20 Stunden länger arbeiten.
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Wie kann ein Arbeitnehmer Überstunden abbauen?
Arbeitnehmer haben ein Anrecht auf den Abbau von zusätzlich geleisteten Stunden. Allerdings kann der Arbeitgeber festlegen, wann dies erfolgen soll. Sie haben also keine Möglichkeit, z. B. eigenmächtig den Urlaub zu verlängern. Sollten Sie während des Überstundenabbaus erkranken, haben Sie kein Anrecht darauf, den Abbau zu wiederholen.
Wann darf sich ein Arbeitnehmer Überstunden auszahlen lassen?
Sollte ein Arbeitnehmer auf eine Auszahlung bestehen, kann der Arbeitgeber diese nicht verwehren, außer dies ist im Arbeits-oder Tarifvertrag geregelt. Eine weitere Möglichkeit ist Freizeitausgleich. Die geleistete Überstundenzeit wird mit dem Gehalt vergütet. Zuschläge für Überstunden sind gesetzlich nicht vorgesehen.
Sind Überstunden steuerfrei?
Nein. Ausbezahlte Überstunden sind normales Einkommen, das versteuert werden muss.
Fazit
Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass Überstundenregelungen transparent im Arbeitsvertrag festgehalten sind, um rechtliche Probleme zu vermeiden. Eine genaue Dokumentation der Arbeitszeiten ist unerlässlich, um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu gewährleisten und potenzielle Konflikte zu minimieren. Klare Kommunikation und faire Handhabung von Mehrarbeit fördern zudem ein positives Arbeitsklima.