Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet Selbständigkeit?
- Gründer ABC
- Voraussetzungen für Gründer unter 18
- Gründen
- Unternehmen anmelden
- Krankenversicherung & Kindergeld
- Sonderfall: Gründen als Azubi
- Tipps
Selbständig sein – Was bedeutet das genau?
Im Gegensatz zu einer Anstellung bei einem Unternehmen, bei der Du Anweisungen folgst, bist Du als Selbständiger Dein eigener Chef und kannst über vieles frei entscheiden. Allerdings bedeutet ein eigenes Business auch viel Verantwortung und Arbeit. Wichtig ist außerdem eine hohe Bereitschaft, Neues zu lernen und Dich in neue Themen eigenverantwortlich einzuarbeiten.
Urlaub, freie Wochenenden und ein früher Feierabend sind für viele Start-ups in der Anfangsphase nicht denkbar. Bereite Dich also darauf vor, dass der Aufbau eines eigenen Unternehmens einen großen Teil Deiner Freizeit in Anspruch nehmen wird.
Selbständig sein bedeutet nicht, dass Du alles allein schaffen musst. Gerade als junger Gründer brauchst Du ein Netzwerk aus Unterstützern, die Dir bei schwierigen Themen helfen können.
Andreas Munck
Seit über 7 Jahren berate ich Existenzgründer auf dem Weg zum eigenen Unternehmen. Gerne rufe ich Sie an und helfe bei allen Fragen rund um Ihre Gründung in einem persönlichen Gespräch.
- Startup Experte
- 7 Jahre Erfahrung
Gründer-ABC: Rechtsformen, Gewerbe und Freiberuflichkeit
Die erste wichtige Frage lautet immer: Welche Art von Selbständigkeit möchtest Du aufnehmen? Um diese Frage beantworten zu können, solltest Du ein paar Begriffe kennen und verstanden haben:
Gewerbe
Gewerbe sind langfristige und auf Wiederholung angelegte, selbständig ausgeübte Tätigkeiten, die eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Das bedeutet, dass jeder Gewerbetreibende die Absicht hat, Geld mit seinem Business zu verdienen (im Gegensatz zu gemeinnützigen Organisationen). Meistens steht dabei der Handel von Waren und Dienstleistungen im Fokus. Laut der deutschen Gewerbeordnung darf jeder, der unbeschränkt geschäftsfähig ist, ein Gewerbe anmelden, solange keine Beschränkungen für die gewünschte Tätigkeit gelten. Beschränkungen sind zum Beispiel bestimmte berufliche Qualifikationen oder Lizenzen.
Beispiele für gewerbliche Tätigkeiten: Werbung auf Deiner Website oder Deinem YouTube-Channel, Verkauf von Affiliate Links und Backlinks
Freiberuflichkeit
Freiberufler sind Selbständige, die bestimmte Berufe aus einer Liste ausüben. Diese so genannten Katalogberufe sind kreativ, wissenschaftlich oder beratend. Bei vielen freien Berufen steht die Dienstleistung im Vordergrund. Freiberufler arbeiten für verschiedene Auftraggeber auf Honorarbasis. Als Freiberufler musst Du kein Gewerbe anmelden.
Beispiele für freiberufliche Tätigkeiten: Webdesigner, Texter, Fotograf
Rechtsformen
Wahrscheinlich kennst Du die Abkürzungen GmbH oder AG schon aus dem Alltag. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Aktiengesellschaft sind nur zwei Beispiele für Rechtsformen von Unternehmen. Sie bilden die gesetzlichen Rahmen für Selbständige und Unternehmen. Jede Rechtsform hat spezielle Merkmale und somit ihre ganz eigenen Vor- und Nachteile. Selbständige müssen deshalb für ihre eigene Geschäftsidee abwägen, welche Rechtsform am besten passt. Diese wichtige Entscheidung solltest Du nicht allein, sondern mithilfe einer erfahrenen Person aus Deinem Umfeld oder einem professionellen Berater treffen.
Unternehmen gründen u18: Besonderheiten und Voraussetzungen
Wenn Du Dich als Minderjähriger selbständig machen möchtest, musst Du einige besondere Voraussetzungen erfüllen.
Geschäftsfähigkeit, Ermächtigung und unternehmerische Tauglichkeit
Erst mit dem 18. Lebensjahr wirst Du in Deutschland “voll geschäftsfähig”. Das bedeutet, Du darfst ab diesem Zeitpunkt Verträge abschließen. Um ein Unternehmen zu gründen und zu führen, musst Du ebenfalls uneingeschränkt geschäftsfähig sein. Deshalb ist Dein erster Schritt zur Firmengründung das Einholen einer Ermächtigung, eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Ohne diese Ermächtigung kannst Du Dich nicht selbständig machen, denn die Verantwortung, die Du auf Dich nimmst, ist groß.
Woher bekommst Du eine Ermächtigung?
Nur Deine Eltern bzw. Deine gesetzlichen Vertreter können Dir die Ermächtigung erteilen. Im nächsten Schritt muss ein Familiengericht (früher: Vormundschaftsgericht) diese Ermächtigung genehmigen. Erst dann erhältst Du eine Bescheinigung über Deine „unternehmerische Tauglichkeit”. Diese Bescheinigung erlaubt es Dir, uneingeschränkt geschäftsfähig zu agieren. Die Grundsätze dieser Bescheinigung kannst Du im § 112 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nachlesen.
Sonderfall: Erziehungsberechtigte sollen Mitgesellschafter werden
Wenn Deine Eltern oder Erziehungsberechtigten auch Gesellschafter des Unternehmens werden sollen, das Du gründen möchtest, ist die rechtliche Lage ein wenig komplizierter. Deinen Eltern ist es in diesem Fall nicht erlaubt, Dir eine Ermächtigung zu erteilen (Aufgrund von § 181 BGB, „Insichgeschäfte“). In diesem Fall müssen Dir ein sogenannter Ergänzungspfleger und das Familiengericht die Genehmigung erteilen, Dich an der Gesellschaft beteiligen zu dürfen.
Selbständigkeit ohne Ermächtigung
Es kann immer passieren, dass das Gericht sich gegen die Bestätigung der Ermächtigung entscheidet. Trotzdem kannst Du auch ohne eine Bescheinigung Deiner unternehmerischen Tauglichkeit einige Tätigkeiten ausüben.
Darf ich Gesellschafter werden?
Du darfst Dich an einem Unternehmen beteiligen und ein Gesellschafter werden – hierzu benötigst Du nur die Erlaubnis Deines gesetzlichen Vertreters. Jedoch bist Du ohne die Genehmigung des Familiengerichts nicht berechtigt, bei Versammlungen der Gesellschafter mit über Beschlüsse abzustimmen oder ohne elterliche Vertretung bei diesen Versammlungen zu erscheinen.
Darf ich eine Prokura übernehmen?
Du darfst eine so genannte Prokura (handelsrechtliche Vollmacht) übernehmen, wenn Du in dieser Position als Arbeitnehmer tätig bist und Deine Beschäftigung auf einem Arbeitsvertrag beruht. Eine Einschränkung gibt es dennoch: Wenn Du auf Basis eines Dienstvertrags angestellt bist, benötigst Du für die Prokura ebenfalls die gerichtliche Bescheinigung Deiner unternehmerischen Tauglichkeit.
Geschäftsführung u18
Die Geschäftsführung übernimmt eine gesonderte Rolle in jedem Unternehmen und trägt besonders viel Verantwortung. Das Führen von Geschäften ist rechtlich deshalb nur Personen erlaubt, die unbeschränkt geschäftsfähig sind. Ohne die Bescheinigung des Vormundschaftsgerichts kannst Du als Minderjähriger deshalb kein Geschäftsführer einer Gesellschaft werden.
Wenn Du aber Mitgründer einer Gesellschaft sein möchtest, kann euer Gründerteam im Gesellschaftsvertrag des Unternehmens ein Abschnitt aufgenommen wird, der besagt, dass mit Eintritt Deiner Volljährigkeit ein neuer Geschäftsführer bestellt werden soll. Wichtig: Du darfst Dich vertraglich nicht dazu verpflichten (lassen), die Geschäftsführung ab Deinem 18. Geburtstag zu übernehmen. Wenn Du volljährig bist, musst Du also erneut bestätigen, dass Du Geschäftsführer werden möchtest. Diese Regelung dient Deinem Schutz als Minderjähriger.
Solltest Du Dich also an einer Kapitalgesellschaft beteiligen, muss ein volljähriger Mitgesellschafter die Geschäftsführung übernehmen. Ihr habt aber auch die Möglichkeit, einen externen Geschäftsführer anzustellen.
Wie funktioniert die Gründung unter 18 im Detail?
Bevor Du ein Unternehmen gründen und endlich selbständig tätig werden darfst, musst Du Dir die oben genannten Genehmigungen einholen. Im Folgenden findest Du den Weg zur Unternehmensgründung als Minderjähriger Schritt für Schritt erklärt.
Ermächtigung durch die gesetzlichen Vertreter
Damit Du vor Eintritt Deiner Volljährigkeit ein Gewerbe anmelden kannst, müssen Deine gesetzlichen Vertreter bzw. Deine Eltern Dich zur Selbständigkeit ermächtigen. Hierzu reicht grundsätzlich schlüssiges Verhalten (wie etwa Kopfnicken) Deiner Eltern. Die Gerichte fordern in den meisten Fällen aber eine schriftliche Zustimmung – ein formloses Schreiben reicht dazu aus.
Die Ermächtigung Deiner gesetzlichen Vertreter darf gemäß § 112 des BGB nur mit Genehmigung des Familiengerichts zurückgenommen werden.
Genehmigung der Ermächtigung durch das Familiengericht
Im nächsten Schritt muss die Ermächtigung dann durch das Familiengericht genehmigt werden. Dazu musst Du einen Antrag stellen. Falls Du noch schulpflichtig bist, solltest Du dem Antrag eine Bescheinigung Deiner Schule beifügen, in der zwei Aspekte bestätigt werden:
- Die Führung eines Unternehmens lässt sich mit Deinen schulischen Leistungen vereinbaren
- Deine Selbständigkeit kollidiert nicht mit Deiner Schulpflicht
Persönliches Gespräch mit einem Rechtspfleger
Generell folgt auf Deinen Antrag die Vorladung beim Familiengericht. In einem persönlichen Gespräch mit Dir und Deinen gesetzlichen Vertretern beurteilt ein Rechtspfleger, ob Du über die nötige Reife und die zur Unternehmensführung ebenso notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügst.
Am besten bereitest Du Dich auf dieses Gespräch gründlich vor. Du musst hier beweisen, dass Du Dich über alle Pflichten, die sich aus der Unternehmensführung ergeben, im Klaren bist und Dir über die finanziellen Aspekte Deiner Gründung sowie die Risikoabsicherung Gedanken gemacht hast. Der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht steht nichts im Wege, solltest Du die Fragen glaubhaft und ausreichend beantworten können.
Mit Genehmigung der Ermächtigung bist Du dann in allen Gewerbebelangen unbeschränkt geschäftsfähig und kannst mit der Gründung loslegen!
Selbständigkeit anmelden
Zuerst solltest Du klären, welche Art der Selbständigkeit für Dich und Deine Ideen in Frage kommt: Gewerbebetrieb oder Freiberuflichkeit.
Solo-Selbständigkeit
Als Freiberufler musst Du Dich nur formlos beim Finanzamt anmelden. Dazu füllst Du das passende Formular zur steuerlichen Erfassung von Gewerben in ELSTER aus. Willst Du als Solo-Selbständiger mit einem Gewerbebetrieb starten, meldest Du Dein Gewerbe als Einzelunternehmen an und füllst ebenfalls das ELSTER-Formular aus.
Gründerteam oder große Pläne?
Wenn Du Dich mit einem oder mehreren Freunden zusammentust, könnt ihr gemeinsam eine GbR (Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) gründen. Dabei gründet jeder ein Einzelunternehmen oder meldet jeweils eine freiberufliche Tätigkeit an. Für beide Gründungsarten wird eine Gewerbeanmeldung beim Gewerbeamt nötig.
Wenn Du Dich allein oder mehreren Leuten eine gewerbliche Selbständigkeit im größeren Rahmen auf die Beine stellen willst, ist eine Kapitalgesellschaft meistens die beste Wahl. Das gilt besonders für Gründungen aus den Bereichen Wissenschaft und Technologie, bei denen Du sogar Patente anmelden kannst. Bei Kapitalgesellschaften ist das Gründungsprozedere etwas komplizierter und Du brauchst Startkapital. Deswegen solltest Du in jedem Fall Unterstützer suchen.
Selbständigkeit unter 18: Krankenversicherung und Kindergeld
Gute Nachrichten: Auf Dein Kindergeld hat die selbständige Tätigkeit keine Auswirkung. Aber beim Thema Versicherung musst Du genauer aufpassen.
Sobald Du Dein Business gestartet hast, musst Du klären, ob Du weiterhin familienversichert bleiben kannst oder wie Du Dich anderweitig krankenversicherst. Entscheidend dafür ist die Frage, ob Du hauptberuflich selbständig bist. Für diese Entscheidung ist eine Überprüfung der konkreten Umstände nötig. Da Du als Minderjähriger vermutlich (neben der Schule) keine weitere Tätigkeit ausübst, unterstellen die Versicherungsträger Dir im Normalfall eine hauptberufliche Selbständigkeit.
Wochenstunden sind entscheidend
Damit Du vor dem Versicherungsträger als nebenberuflich selbständig giltst und familienversichert bleibst, musst Du zwei Kriterien erfüllen: Dein Einkommen und die Wochenstunden, die Du in Deine Selbständigkeit investierst. Die Grenzen werden gezogen bei einem Einkommen von 470 Euro monatlich (Stand: 2022) und 18 bis 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit. Die Einkommensgrenze wird jährlich angepasst. Wenn Du also weniger als 20 Wochenstunden in Deine Selbständigkeit investierst und dabei maximal 470 Euro monatlich verdienst, bleibt Deine Mitgliedschaft in der Familienversicherung bestehen.
Wenn Du die Grenzen überschreitest, droht Dir der Ausschluss aus der Familienversicherung wegen hauptberuflicher Selbständigkeit. Setze Dich auf jeden Fall zu Beginn Deiner Selbständigkeit mit Deiner bisherigen Versicherung in Verbindung, um abzuklären, inwieweit Du familienversichert bleiben kannst. So vermeidest Du, dass Du rückwirkend von der Familienversicherung ausgeschlossen wirst und Beiträge nachzahlen musst.
Gründung neben der Berufsausbildung
Als Minderjähriger kannst Du auch neben Deiner Ausbildung ein Unternehmen im Nebengewerbe gründen. Die oben genannten Punkte bzgl. Ermächtigung und Genehmigung gelten hier auch. Allerdings musst Du darauf achten, dass Du innerhalb der Grenzen der Nebenberuflichkeit bleibst:
- Du darfst maximal 18 bis 20 Wochenstunden selbständig tätig sein.
- Deine Selbständigkeit darf das Ausbildungsziel nicht gefährden: Bei einer Gefährdung darf Dein Ausbildungsbetrieb die Selbständigkeit zu jedem Zeitpunkt untersagen.
- Solltest Du während Deiner Ausbildung Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) beziehen, hast Du im Nebenverdienst eine Freigrenze von 255 Euro Gewinn. Alles, was drüber hinausgeht, wird auf das BAB angerechnet.
Tipps für Deine Selbständigkeit
Du bist Dir noch nicht sicher, mit welcher Rechtsform Du gründen möchtest und welche Möglichkeiten es gibt, Steuern zu sparen oder die ganze Bürokratie zu vereinfachen? Hier sind einige Tipps für Dich:
Nutze die Kleinunternehmerregelung
Solltest Du zu Beginn Deiner Selbständigkeit keine größeren Investitionen tätigen müssen, kannst Du beim Ausfüllen des steuerlichen Erfassungsbogens angeben, dass Du die Kleinunternehmerregelung nutzen möchtest. Somit sparst Du Dir die Erhebung und Zahlung der Umsatzsteuer.
Verwende die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR)
Du kannst am Jahresende Deine Einnahmen und Ausgaben mit der EÜR ermitteln. Sie ist ein vereinfachtes Verfahren, mit dem Du dem Finanzamt Deine Gewinne melden musst. Willst du aber eine Kapitalgesellschaft gründen, gibt es diese Möglichkeit nicht mehr.
Nutze die Ist-Besteuerung
Im Finanzamtfragebogen kannst Du angeben, ob Du nach Soll- oder Ist-Besteuerung abrechnen willst. Durch die Wahl der Ist-Besteuerung musst Du nur Umsatzsteuer auf Rechnungsbeträge an das Finanzamt abzuführen, wenn Deine Kunden tatsächlich bezahlt haben. So kannst Du am Anfang Deiner Selbständigkeit vermeiden, dass Dein Startkapital von einer hoher Steuerlast verschlungen wird.
Profitiere von Freibeträgen
Als Selbständiger kannst Du von zahlreichen Frei- und Pauschbeträgen profitieren, wie etwa dem Freibetrag für die Gewerbesteuer. Bis zu einem Gewerbeertrag von 24.500 Euro zahlst Du als Einzelunternehmen keine Gewerbesteuer.