Aktivierungspflicht in der Bilanz: Infos & FAQ

Die Aktivierungspflicht ist ein Gebot der Bilanzbuchhaltung. Es besagt, dass ein Unternehmen alle Vermögensgegenstände und Rechnungsabgrenzungsposten bis zum Bilanzstichtag auf der Aktivseite der Bilanz ausweisen muss.

 

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Inhaltsverzeichnis

Was bedeutet Aktivierungspflicht?

Grundsätzlich sind in einer Bilanz sämtliche Vermögensgegenstände und Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen, die zur Erreichung eines betrieblichen Zwecks angeschafft oder hergestellt wurden (§ 246 HGB). Die Aktivierungspflicht besagt, dass diese zum Bilanzstichtag auf der Aktivseite der Bilanz anzuführen sind, falls keine Ausnahmeregelung besteht.

Die Aktivierungspflicht gilt für alle Vermögensgegenstände, deren Wert über die Abrechnungsperiode hinaus weiter besteht. So vermeiden Unternehmen, dass alle Vermögensgegenstände innerhalb von nur einem Geschäftsjahr vollständig abgeschrieben werden.

Parallel zur Aktivierung werden Anschaffungs- oder Herstellungskosten über die Laufzeit der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (siehe hierzu AfA-Abschreibungstabellen) als Abschreibungen verbucht. Durch diesen Prozess verhindern Unternehmen, dass die Anschaffung eines aktivierungspflichtigen Wirtschaftsguts den Jahresgewinn bereits im Anschaffungsjahr um die gesamte Summe mindert.

Mehr zur Aktivierung von Anlagevermögen erfahren Sie hier.

 

Aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter

Wirtschaftsgüter sind aktivierungspflichtig, wenn sie einem Unternehmen längerfristig dienen und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten über dem Nettowert von 1.000 Euro liegen. Die Aktivierung muss in der Unternehmensbilanz unter den Posten des Sachanlagevermögens erfolgen.

Beispiele für aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter

  • Betriebliche Grundstücke und Gebäude
  • Büro- und Geschäftsausstattung (z. B. Computer oder Drucker)
  • Firmenwagen
  • Technische Maschinen und Anlagen

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Aktivierungspflichtiger Anschaffungswert

Der Abschreibungsbetrag für ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut orientiert sich am Anschaffungswert. Dieser ergibt sich aus der Summe aller Anschaffungskosten.

Beispiel

Das Unternehmen erwirbt einen Transporter. Die Nettoanschaffungskosten belaufen sich auf 22.500 Euro. Das Unternehmen erhält vom Verkäufer 3 % Skonto (675 Euro). Für den Transport und die Versicherung des Wagens fallen 1.500 Euro an. Außerdem wendet das Unternehmen weitere Kosten in Höhe von 2.000 Euro für die Inbetriebnahme auf.

Der aktivierungspflichtige Anschaffungswert ermittelt sich wie folgt:

22.500 Euro
–    675 Euro
+ 1.500 Euro
+ 2.000 Euro
_____________
25.325 Euro

 

Aktivierungspflichtige Anschaffungskosten

Zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen alle Kosten, die ein Unternehmen aufwendet, um ein erworbenes Wirtschaftsgut in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen (§ 255 Abs. 1 S. 1 HGB). Dazu zählen auch die Anschaffungsnebenkosten.

Anschaffungsnebenkosten sind unter anderem Erschließungskosten (Kommunalabgaben für die technische und verkehrsmäßige Erschließung von Baugrund) sowie nachträgliche Anschaffungskosten (z. B. nachträglich erworbene Sonderausstattung für Firmenwagen).

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Anschaffungskosten ohne Aktivierungspflicht

Die in Rechnungen enthaltene Umsatzsteuer ist in den Anschaffungskosten nicht enthalten, da diese bei allen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen einen durchlaufenden Posten darstellt.

Nicht enthalten sind außerdem Gemeinkosten. Diese ergeben sich, wenn ein Unternehmen Güter herstellt. Die hierbei aufgewendeten Materialgemeinkosten dürfen nicht in die Summe der Herstellungskosten einbezogen werden.

 

Aktivierungspflichtige Aufwendungen

Alle aktivierungspflichtigen Aufwendungen werden zu einem Bilanzposten zusammengefasst. Hierzu zählen z. B. die Kosten für einen Gabelstapler oder der Aufwand, der bei der Anschaffung einer Spezialmaschine entsteht.

Die nicht aktivierungspflichtigen Aufwendungen mindern den Gewinn eines Unternehmens zum Zeitpunkt der Verausgabung. Hierzu zählt z. B. der Aufwand für die monatliche Telefonrechnung oder die Gehälter der Mitarbeiter. Diese Aufwendungen werden in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) erfasst.

 

Aktivierungspflichtige Eigenleistungen

Eigenleistungen sind Leistungen, die bei der Herstellung von Sachanlagen anfallen, die vom Unternehmen selbst genutzt werden.

Zu den typischen Eigenleistungen gehören z. B. Material- und Personalaufwendungen für die Herstellung eines Wirtschaftsguts, welches das Unternehmen für eigene Zwecke benötigt. Voraussetzung für die Aktivierung von Eigenleistungen ist, dass sich das hergestellte Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Aktivierung im Besitz des Unternehmens befindet.

 

Aktivierungspflichtige Steuern

Steuern müssen immer dann in der Unternehmensbilanz aktiviert werden, wenn sie auf die Anschaffungskosten oder die Herstellungskosten eines aktivierungspflichtigen Gegenstandes entfallen.

Aktivierungspflichtige Steuern (Beispiele)

  • Grunderwerbssteuer auf den Erwerb von unbebauten und bebauten Grundstücken
  • Eingangszölle
  • Vorsteuer, falls das Unternehmen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist

 

Aktivierungswahlrechte

Die Aktivierungswahlrechte ermöglichen Unternehmen, von der grundsätzlichen Aktivierungspflicht abzuweichen und bestimmte Posten in der Bilanz nicht zu aktivieren. Diese Wahlrechte gelten für bestimmte Positionen, die entweder als Aufwand oder als Aktivposten in der Bilanz anzuführen sind. Wird eine Position als Aufwand erfasst, mindert dies den Bilanzgewinn, eine Aktivierung wiederum erhöht die Bilanzsumme und damit die zu entrichtenden Steuern. Hier gilt es abzuwägen, was im Einzelfall sinnvoller ist.

Das Aktivierungswahlrecht gilt laut HGB in folgenden Fällen:

  • Entgeltlich erworbene immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens (z. B. Werte aus einem Unternehmenskauf)
  • Disagio bei Verbindlichkeiten (Differenz zwischen ursprünglichem Ausgabebetrag und höherem Rückzahlungsbetrag)
  • Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen (nur bei Kapitalgesellschaften)
    Aktive latente Steuern (nur bei Kapitalgesellschaften)

Für immaterielle Gegenstände, die vom Unternehmen nicht bezahlt wurden, gilt Aktivierungsverbot.

 

Aktivierungsverbote

Nicht aktiviert werden vom Unternehmen selbst definierte Positionen sowie diese folgenden Werte laut Handelsgesetzbuch (§ 248 HGB):

  • Aufwendungen für:
    • Gründung eines Unternehmens
    • Beschaffung des Eigenkapitals
    • Abschluss von Versicherungsverträgen
  • Selbst geschaffene Marken
  • Drucktitel
  • Verlagsrechte
  • Kundenlisten
  • Vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens

Im Zweifelsfall entscheiden die Bilanzprüfer der Handels- und Steueraufsicht, ob ein Wert tatsächlich aktiviert werden darf. Stuft ein Prüfer die Aktivierungen als unzulässig ein, kann dies als Marktmanipulation interpretiert werden und Bußgelder zur Folge haben.

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