Was ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag?

Immobilienmakler, Verleger und Geldtransportunternehmer sind nur einige der Nutzer von Geschäftsbesorgungsverträgen. Doch was ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag genau und was unterscheidet ihn von anderen Vertragsarten? Dieser Ratgeber bietet einen Überblick über diese besondere Art eines Dienst- oder Werkvertrags.

 

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Geschäftsbesorgungsvertrag: Grundlegendes

Bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag handelt es sich um eine Art Dienst- oder Werkvertrag (§ 611 und § 631 BGB). In dieser Art Vertrag verpflichtet sich eine Vertragspartei (Leistungsschuldner, Geschäftsbesorger) zur Besorgung eines ihm von der anderen Vertragspartei (Leistungsgläubiger, Geschäftsherr) übertragenen Geschäfts. Als Gegenleistung zahlt der Leistungsgläubiger dem Leistungsschuldner ein Entgelt. Es wird also im Auftrag des Leistungsgläubigers durch eine Dienstleistung oder Werkleistung eine Tätigkeit besorgt, um die Vermögensinteressen des Gläubigers wahrzunehmen.

Streng genommen handelt es sich beim Geschäftsbesorgungsvertrag um einen Mischvertrag, bei dem auch das Werk- oder Dienstleistungsrecht Anwendung findet. Die rechtliche Grundlage für den Geschäftsbesorgungsvertrag bilden die Vorschriften des Auftragsrechts (§ 675 BGB). Dafür sind folgende Punkte von Bedeutung:

  • Individuelle Vereinbarungen der Vertragsparteien
  • Vorschriften des Geschäftsbesorgungsvertrags
  • Für anwendbar erklärte Vorschriften des Auftragsrechts
  • Wenn es nicht durch die obigen Regelungen ersetzt wurde: Recht des Dienst- oder Werkvertrags

Allerdings wird beim Geschäftsbesorgungsvertrag der Begriff der Geschäftsbesorgung anders als beim Auftragsrecht verstanden. Laut § 675 BGB ist eine Geschäftsbesorgung eine selbständige Leistung wirtschaftlicher Art in fremdem Interesse. Das bedeutet, dass der Geschäftsbesorger frei darüber entscheidet, wie er die Geschäftsbesorgung durchführt, und dass die Tätigkeit sich auf das Vermögen des Geschäftsherrn bezieht. Der Geschäftsbesorger übernimmt eine Aufgabe, für die der Geschäftsherr ursprünglich zuständig war. Im Auftragsrecht (§§ 662, 677 und 687 BGB) wird der Begriff weniger differenziert betrachtet: Hier wird jede Tätigkeit in fremdem Interesse als Geschäftsbesorgung verstanden.

Das entgeltliche Treuhandgeschäft ist eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit im Interesse eines anderen innerhalb einer fremden wirtschaftlichen Interessensphäre. Das bedeutet, dass der Leistungsschuldner als eine Art Stellvertreter handelt. Im Gegensatz zu einer „gewöhnlichen” Stellvertretung (d. h. im Sinne der §§ 164 ff. BGB) handelt der Leistungsschuldner im eigenen Namen. Er wird selbst berechtigt und erwirbt für den Leistungsgläubiger Eigentum bei Verfügungsgeschäften. Beim Geschäftsbesorgungsvertrag hat der Leistungsgläubiger schuldrechtliche Ansprüche aus der Geschäftsbesorgung. Die Aufwendungsersatzansprüche stehen dem Leistungsschuldner zu.

 

Was ist eine Geschäftsbesorgung?

Die Geschäftsbesorgung kann eine rechtliche oder tatsächliche Tätigkeit sein. Dies sind einige Beispiele für Geschäftsbesorgungsverträge:

  • Bankier- und Geldwechslergeschäfte
  • Übernahme der Bearbeitung oder Verarbeitung von Waren für andere, wenn das Gewerbe nicht handwerksmäßig betrieben wird
  • Übernahme der Beförderung von Gütern oder Reisenden zur See
  • Geschäfte der Handelsvertreter oder Handelsmakler
  • Geschäfte der Kommissionäre, Spediteure oder Lagerhalter
  • Verlagsgeschäfte
  • Druckereigeschäfte, wenn das Gewerbe nicht handwerksmäßig betrieben wird

Ein wesentliches Merkmal der Geschäftsbesorgung ist die Unentgeltlichkeit der Hauptleistung. Aus diesem Grund gilt der Geschäftsbesorgungsvertrag als unvollkommen zweiseitiger Vertrag. Durch den Begriff der „Besorgung” liegt der Schwerpunkt auf einer körperlichen oder geistigen Tätigkeit des Verpflichteten.

 

Geschäftsbesorgungsvertrag: Abgrenzung zu anderen Gefälligkeitsverträgen

Der Geschäftsbesorgungsvertrag ist von anderen unentgeltlichen Gefälligkeitsverträgen (Schenkungsvertrag, Leihvertrag) abzugrenzen. Beim Geschäftsbesorgungsvertrag steht nicht die Tätigkeit des Verpflichteten im Vordergrund, sondern die Übertragung eines Gegenstandes an den Geschäftsgläubiger. Dabei geht der Gegenstand entweder in das Eigentum des Berechtigten über (§ 516 BGB) oder dient dessen Nutzen (§ 598 BGB).

Eine eindeutige Abgrenzung zu anderen Gefälligkeitsverträgen durchzuführen, gestaltet sich jedoch schwierig. Dies ist unter anderem bei der Verwahrung (§ 688 ff. BGB) der Fall: Sie kann nicht nur entgeltlich erfolgen (§ 689 BGB garantiert die Vergütung im Zweifelsfall), sondern auch ohne Gegenleistung erbracht werden (§ 690 BGB). Allerdings gilt die Verwahrung in diesem Fall als Dienstleistung des Verwahrers gegenüber dem Leistungsgläubiger. Denn der Verwahrer ist dazu verpflichtet, die vom Hinterleger übergebene Sache aufzubewahren (§ 688 BGB). Daraus folgt, dass ein „Auffangtatbestand” der Gefälligkeitsverträge vorliegt, dem anderweitige, speziellere Regelungen vorgehen. Diese Regelungen müssen vorrangig in Betracht gezogen werden.

Im Folgenden werden die oben erwähnten Vertragsarten noch einmal kurz erläutert.

Schenkungsvertrag

Im Schenkungsvertrag, der zum Schuldrecht gezählt wird, hat der Beschenkte keine Pflichten. Damit gilt er als nicht gegenseitig. Die Schenkung ist unentgeltlich. Ein solcher Vertrag wird bei größeren Schenkungen wie Immobilien oder Autos vom Schenkenden ausgestellt. Dies ist insofern sinnvoll, als dass der neue Besitzer des verschenkten Gegenstandes ins Grundbuch oder in den Fahrzeugbrief eingetragen werden kann. Außerdem lässt sich so die Schenkungsabsicht notariell beurkunden. Auch dann, wenn die Schenkung bereits stattgefunden hat, ist der Schenkungsvertrag nachtäglich wirksam.

Eine Schenkung lässt sich nur schwer wieder rückgängig machen. So kann beispielsweise die Schenkung einer Immobilie nur dann wieder rückgängig gemacht werden, wenn der Beschenkte sehr grobes Fehlverhalten aufweist. Es besteht jedoch die Möglichkeit, eine Auflage in den Schenkungsvertrag einzubauen, bei der der Schenkende die Immobilie weiterhin nutzen, aber nicht mehr verkaufen darf. Dies wird als Nießnutzung bezeichnet. Des Weiteren kann eine Auflage zur Leistungspflicht in den Schenkungsvertrag eingebaut werden. Das bedeutet, dass der Beschenkte eine bestimmte Handlung vollziehen oder unterlassen muss, um sein Geschenk zu erhalten. Ein Beispiel für eine Leistungsauflage ist die Verpflichtung des Beschenkten, seinen geschenkten Garten nach bestimmten Vorgaben zu pflegen. Die gesetzlichen Bestimmungen zu Auflagen in Schenkungsverträgen sind in § 525 Abs. 1 BGB festgelegt.

Bei Schenkungsverträgen ist zu beachten, dass auf teurere Geschenke Steuern erhoben werden können. Für die Schenkungssteuer gilt stets eine Frist von zehn Jahren. Für Schenkungen gilt der gesetzliche Freibetrag von 20.000 Euro.

Leihvertrag

Auch der Leihvertrag ist ein nicht-gegenseitiger Vertrag. In dieser Art Vertrag verpflichtet sich der Verleiher einer Sache dazu, dem Leiher den Gebrauch eines verliehenen Gegenstandes unentgeltlich zu erstatten (§ 598 BGB). Der verliehene Gegenstand kann sowohl beweglich als auch unbeweglich sein. Durch die Gestattung des Gebrauchs der Sache findet eine Besitzübertragung statt. Das bedeutet, dass der Besitz der Sache durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben wird (§ 854 BGB). Daraus folgt, dass der Verleiher dem Entleiher die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache, also die Nutzung der Sache, ermöglichen muss.

Im Rahmen des Leihvertrages können Sachen verliehen werden, aber keine Rechte. Durch einen Leihvertrag wird kein Eigentum übertragen, sondern lediglich Besitz. Der Entleiher darf die geliehene Sache nicht anders nutzen, als es im Vertrag vereinbart ist (§ 603 BGB). Er befindet sich in einem Schuldverhältnis gegenüber dem Verleiher. Das Verhältnis zwischen Verleiher und Entleiher wird als Leihverhältnis bezeichnet. Sobald die Laufzeit des Leihvertrages beendet ist, muss der Entleiher die geliehene Sache dem Verleiher zurückgeben (§ 604 Abs. 1 BGB).

Basics rund um Arbeitsverträge

Geschäftsbesorgungsvertrag: Dienstvertrag oder Werkvertrag?

Damit ein Dienstvertrag oder Werkvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag gilt, muss als Geschäftsbesorgung eine Tätigkeit wirtschaftlicher Art in Auftrag gegeben worden sein. Eine solche Tätigkeit liegt dann vor, wenn die Tätigkeit einen Bezug zum Vermögen des Auftraggebers hat. Die Aufgabe kann sowohl eine rechtsgeschäftliche als auch eine tatsächliche Handlung sein. Zu den Tätigkeiten wirtschaftlicher Art zählen:

  • Bankgeschäfte
  • Kreditkartenverträge
  • Zahlungsdienstverträge
  • Treuhändergeschäfte

Das bedeutet, dass dienstvertragliche oder werkvertragliche Tätigkeiten, die nicht vermögensbezogen sind, keinen Geschäftsbesorgungsvertrag begründen. In den nächsten Abschnitten werden die Begriffe „Dienstvertrag” und „Werkvertrag” erklärt.

Dienstvertrag

In einem Dienstvertrag verpflichtet sich ein Auftragnehmer (Dienstverpflichteter, Schuldner) zur Leistung eines Dienstes für den Auftraggeber (Dienstberechtigter, Gläubiger). Der Dienstberechtigte verpflichtet sich dafür zur Zahlung eines Entgelts für die Dienstleistung. Da beide Vertragsparteien sich zu einer Leistung verpflichten, handelt es sich beim Dienstvertrag um einen gegenseitigen Vertrag. Die Erbringung von Dienstleistungen ist sowohl selbständig als auch nicht-selbständig möglich. Selbständigkeit bedeutet in diesem Fall, dass die Art und Weise, wie der Dienst erbracht wird, frei bestimmt wird. Ist der Vertragsgegenstand eine selbständige Dienstleistung, handelt es sich um einen freien Dienstvertrag. Ansonsten handelt es sich um einen Arbeitsvertrag. Der Dienstvertrag ist in §§ 611-630 BGB geregelt.

Der Dienstverpflichtete verpflichtet sich zur Erbringung einer Leistung, also der Bemühung. Ob dies mit Erfolg geschieht, die Leistung also den Ansprüchen des Dienstberechtigten entspricht und keine wesentlichen Mängel aufweist, spielt keine Rolle. Da der Dienstverpflichtete sich mit dem Dienstvertrag in ein Dauerschuldverhältnis begeben hat, wird das Schuldverhältnis durch eine Kündigung beendet, nicht durch Rücktritt. Sobald der Dienst erbracht wurde, erhält der Dienstverpflichtete ein Entgelt. Ein Geschäftsbesorgungsvertrag ist also dann ein Dienstvertrag, wenn das Ergebnis der erbrachten Leistung nicht vertraglich festgelegt wurde.

Werkvertrag

Der Werkvertrag funktioniert ähnlich wie der Dienstvertrag: Während der Auftragnehmer (Unternehmen oder einzelner Selbständiger) sich zur Herstellung eines Werks verpflichtet, verpflichtet sich der Auftraggeber zur Zahlung eines Entgelts. Mit „Herstellung eines Werks” kann die Herstellung oder Veränderung einer Sache gemeint sein, aber auch ein durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg (z. B. ein chemischer Versuch oder eine Inspektion). Der Werkvertrag wird in §§ 631 ff. BGB geregelt.

Bei einem Werkvertrag handelt der Auftragnehmer immer selbständig, entscheidet also selbst über die Art und Weise, wie er seinen Auftrag bearbeitet. Der wesentliche Unterschied zum Dienstvertrag liegt jedoch darin, dass im Werkvertrag der Erfolg des Auftrags erfüllt werden muss. Das bedeutet, dass ein Geschäftsbesorgungsvertrag als Werkvertrag gilt, wenn das Ergebnis der erbrachten Leistung im Vertrag bestimmt wurde.

 

So sieht ein Geschäftsbesorgungsvertrag aus

Ein Geschäftsbesorgungsvertrag kann sowohl mündlich als auch schriftlich geschlossen werden. Zu empfehlen ist in Streitfällen jedoch aufgrund der besseren Beweiskraft die schriftliche Form. Der Geschäftsbesorgungsvertrag beinhaltet folgende Angaben:

  • Angaben zum Leistungsgläubiger
  • Angaben zum Leistungsschuldner
  • Pflichten des Leistungsschuldners
  • Pflichten des Leistungsgläubigers
  • Angaben zur Laufzeit
  • Vollmachten, die der Leistungsgläubiger dem Leistungsschuldner erteilt
  • Bestimmungen zum Rücktritt (Kündigung)
  • Schlussbestimmungen
  • Widerrufsbelehrung
  • Sonstige Hinweise
  • Unterschriften beider Vertragsparteien

Mit ihren Unterschriften verpflichten sich beide Vertragsparteien zu ihren im Geschäftsbesorgungsvertrag vereinbarten Pflichten. Die Kündigung des Vertrages muss schriftlich erfolgen.

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